Zweite Szene

[149] SIEGFRIED tritt mit Gefolge auf.

Da bin ich wieder!

GISELHER.

Ohne meinen Bruder?

SIEGFRIED.

Sei ruhig! Als sein Bote steh ich hier! –

Doch nicht, um dir die Meldung auszurichten!

Sie geht an deine Mutter, und ich hoffe,

Daß ich auch deine Schwester sehen darf.

GISELHER.

Das sollst du, Degen, denn wir schulden dir

Den Dank noch für die beiden Dänenprinzen.

SIEGFRIED.

Ich wollte jetzt, ich hätt sie nicht geschickt.

GISELHER.

Warum, Du konntest uns nicht besser zeigen,

Was wir an deinem Arm gewonnen haben,

Denn wahrlich, schlechte Männer warens nicht.

SIEGFRIED.

Mag sein! Doch hätte ich das nicht getan,

So hätt vielleicht ein Vogel das Gerücht

Verbreitet, daß sie mich erschlagen hätten,

Dann fragt ich nun: wie nahm Kriemhild es auf?

GISELHER.

Sie nützten dir auch so genug bei uns!

Daß man sich die Metalle und das Erz

Durch tüchtge Schläge zur Trompete rundet,

Das hab ich längst gewußt, von Menschen wars

Mir aber unbekannt, und diese beiden

Beweisen, was ein Schmied, wie du, vermag.

Sie lobten dich – wenn dus vernommen hättest,

Du wärst noch heute rot! Und das nicht bloß

Aus Klugheit, die den Feind wohl öfter preist,

Weil sie die Schmach der eignen Niederlage

Dadurch vergoldet, nein, aus wahrer Lust.

Doch hörst du das am besten von Kriemhild,

Die gar nicht müde ward, sie auszufragen:

Da kommt sie her.[149]


Quelle:
Friedrich Hebbel: Werke. Band 1–5, Band 2, München 1963, S. 149-150.
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