Der Bettler

[116] »En alte Ma, en arme Ma,

er sprichtich um e Wohltat a.

E Stückli Brot ab euem Tisch,

wenn's eue guete Willen isch!

He jo, dur Gotts Wille!

In Sturm und Wetter, arm und bloß,

gibore bini uf der Stroß,

und uf der Stroß in Sturm und Wind

erzogen, arm, e Bettelchind.[116]

Druf woni chräftig worde bi,

und d'Eltere sin gstorbe gsi,

se hani denkt: Saldatetod

isch besser weder Bettelbrot.

I ha in schwarzer Wetternacht

vor Laudons Zelt und Fahne gwacht,

i bi bim Paschal Paoli

in Korsika Draguner gsi,

und gfochte hani, wie ne Ma,

und Bluet an Gurt und Sebel gha.

I bi vor menger Batterie,

i bi in zwenzig Schlachte gsi,

und ha mit Treu und Tapferkeit

dur Schwert und Chugle 's Lebe treit.

Zletzt hen sie mi mit lahmem Arm

ins Elend gschickt. Dass Gott erbarm!

He jo, dur Gotts Wille!«

»Chumm arme Ma!

I gunn der's wienis selber ha.

Und helf der Gott us diner Not,

und tröst di, bis es besser goht.«

»Vergelt's der Her, und dank der Gott

du zarten Engel wiiß und rot,

und geb der Gott e brave Ma! –

Was luegsch mi so biwegli a?

Hesch öbben au e Schatz im Zelt,

mit Schwert und Roß im wite Feld?

Biwahr di Gott vor Weh und Leid,

und geb dim Schatz e sicher Gleit,

und bring der bald e gsunde Ma!

's goht ziemli scharf vor Mantua.

's cha si, i chönnt der Meldig ge. –

Was luegsch mi a, und wirsch wie Schnee?

Denkwol, i henk mi Bettelgwand

mi falsche graue Bart an d'Wand!

Jez bschau mi recht, und chennsch mi no?

Geb Gott, i seig Gottwilche do!«[117]

»Her Jesis, der Friedli, mi Friedli isch do!

Gottwilche, Gottwilche, wohl chenni di no!

Wohl het mi bigleitet di liebligi Gstalt

uf duftige Matten, im schattige Wald.

Wohl het di bigleitet mi bchümmeret Herz

dur Schwerter und Chugle mit Hoffnig und Schmerz,

und brieget und betet. Gott het mer willfahrt,

und het mer mi Friedli und het mer en gspart.

Wie chlopft's mer im Buse, wie bini so froh!

O Muetter, chumm weidli, mi Friedli isch do!«

Quelle:
Johann Peter Hebel: Gesamtausgabe, Band 3, Karlsruhe 1972, S. 116-118.
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