Der Knabe im Erdbeerschlag

[135] E Büebli lauft, es goht in Wald

am Sunntignomittag;

es chunnt in d'Hürst und findet bald

Erdbeeri Schlag an Schlag;

es günnt und ißt si halber z'tod,

und denkt: ›Das isch mi Obedbrot.‹

Und wie nes ißt, se ruuscht's im Laub;

es chunnt e schöne Chnab.

Er het e Rock, wie Silberstaub,[135]

und treit e goldne Stab.

Er glänzt wie d'Sunn am Schwizerschnee.

Si lebelang het's nüt so gseh.

Druf redt der Chnab mi Büebli a:

»Was issisch? I halt's mit!«

»He, nüt«, seit's Büebli, luegt en a,

und lüpft si Chäppli nit.

Druf seit der Chnab: »He, issisch nüt,

du grobe Burst, se battet's nüt!«

Verschwunden isch mi Chnab, und's stöhn

die nöchste Hürst im Duft;

drus fliegt en Engeli wunderschön

uf in die blaui Luft,

und 's Büebli stoht, und luegt em no,

und chrazt im Hoor, und lauft dervo.

Und sieder isch kei Sege meh

im Beeri-Esse gsi.

I ha mi Lebtig nüt so gseh,

sie bschießen ebe nie.

Iß hampflevoll, so viel de witt,

sie stillen eim der Hunger nit!

Was gibi der für Lehre dri?

Was seisch derzu? Me mueß

vor fremde Lüte fründli si

mit Wort und Red und Grueß

und 's Chäppli lüpfe z'rechter Zit,

sust het me Schimpf, und chunnt nit wit.

Quelle:
Johann Peter Hebel: Gesamtausgabe, Band 3, Karlsruhe 1972, S. 135-136.
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