Der Schmelzofen

[64] Jez brennt er in der schönsten Art,

und 's Wasser ruuscht, der Blosbalg gahrt,

und bis aß d'Nacht vom Himmel fallt,

se würd die ersti Maßle chalt.[64]

Und 's Wasser ruuscht, der Blosbalg gahrt;

i ha druf hi ne Gulde gspart.

Gang Chüngi, lengis alte Wi,

mer wen e wengli lustig si!

Ne Freudestund isch nit verwehrt;

me gnießt mit Dank, was Gott bischert,

me trinkt e frische frohe Mut,

und druf schmeckt wieder 's Schaffe gut.

E Freudestund, e guti Stund!

's erhaltet Lib und Chräfte gsund;

doch muß es in der Ordnig goh,

sust het me Schand und Leid dervo.

E frohe Ma, ne brave Ma!

Jez schenket i, und stoßet a:

Es leb der Marggrof und si Huus!

Ziehnt d'Chappen ab, und trinket us!

Ne bessere Her treit d'Erde nit,

's isch Sege, was er tut und git,

i cha's nit sage, wieni sott:

Vergelt's em Gott! Vergelt's em Gott!

Und 's Bergwerch soll im Sege stoh!

's het menge Burger 's Brot dervo.

Der Her Inspekter lengt in Trog,

und zahlt mit Freud, es isch kei Frog.

Drum schenket i, und stoßet a!

Der Her Inspekter isch e Ma,

mit üsers Gattigs Lüte gmei,

und fründli gege groß und chlei.

Er schafft e gute Wi ufs Werk,

er holt en über Tal und Berg,

er stellt en luter uffe Tisch,

und mißt, wie's recht und billig isch.

Sel isch verbei, der Ma am Füür

muß z'trinke ha, wär's no so tür.

Es rieslet menge Tropfe Schweiß,

und will's nit go, men ächzet eis.[65]

Me streift der Schweiß am Ermel ab,

me schnufet, d'Bälg verstuune drab,

und mengi liebi Mitternacht

wird so am heiße Herd verwacht.

Der Schmelzer isch e plogte Ma,

drum bringem's ein, und stoßet a:

Gsegott! Vergiß di Schweiß und Ach!

's het jeden anderen au si Sach.

Am Zahltag teiltisch doch mit keim,

und bringsch der Lohn im Nastuch heim,

se luegt di d'Marei fründli a,

und seit: »J ha ne brave Ma!«

Druf schlacht sie Eieren-Anken i,

und sträut e wenig Imber dri;

sie bringt Salat und Grüebe dra,

und seit: »Jez iß, du liebe Ma!«

Und wenn e Ma si Arbet tut,

se schmeckt em au si Esse gut.

Er tuuschti nit in Leid und Lieb

mit mengem riche Galgedieb.

Mer sitze do, und 's schmecktis wohl.

Gang Chüngeli, leng no nemol,

wil doch der Ofe wieder goht,

und 's Erz im volle Chübel stoht!

So brenn er denn zu guter Stund,

und Gott erhaltich alli gsund,

und Gott biwahrich uf der Schicht,

aß niemes Leid und Unglück gschicht!

Und chunnt in strenger Winterszit,

wenn Schnee uf Berg und Firste lit,

en arme Bub, en arme Ma,

und stoht ans Füür, und wärmt sie dra,

er bringt e paar Grumbireli,

und leit's ans Füür, und brotet sie,

und schloft bim Setzer uffem Erz –

schlof wohl, und tröst der Gott di Herz![66]

Dört stoht so ein. Chumm, arme Ma,

und tunis Bscheid, mer stoßen a!

Gsegott, und tröst der Gott di Herz!

me schloft nit lieblig uffem Erz.

Und chunnt zur Zit e Biederma

ans Füür, und zündet 's Pfifli a,

und setzt sie näumen ane mit,

se schmeck's em wohl, und – brenn di nit!

Doch fangt e Büebli z'rauchen a,

und meint, es chönn's as wie ne Ma,

se macht der Schmelzer churze Bricht,

und zieht em's Pfifli usem Gsicht.

Er keit's ins Füür, und balgt derzu:

»Hesch's au scho glehrt, du Lappi du!

Sug amme Störzli Habermark.

Weisch? Habermark macht d'Bube stark!«

's isch wohr, s' git mengi Churzwil mehr

am Sunntig no der Chinderlehr,

und strömt der füürig Isebach

im Sand, es isch e schöni Sach.

Frog menge Ma: »Sag, Nochber, he!

Hesch au scho 's Ise werde seh

im füürige Strom de Forme no?«

Was gilt's, er cha nit sage: Jo!

Mir wüsse, wie me's Ise macht,

und wie's im Sand zu Maßle bacht,

und wiemes druf in d'Schmidte bringt,

und d'Luppen unterm Hammer zwingt.

Jez schenket i, und stoßet a:

Der Hammermeister isch e Ma!

Wär Hammerschmied und Zeiner nit,

do läg e Sach, was tät me mit?

Wie gieng's im brave Hamberchsma?

's muß jede Stahl und Ise ha;

und muß der Schnider d'Nodle ge,

sen isch's au um si Nahrig gscheh.[67]

Und wenn im früeihe Morgerot

der Buur in Feld und Flure stoht,

se muß er Charst und Haue ha,

sust isch er e verlorene Ma.

Zum Broche bruucht er d'Wägese,

zum Meihe bruucht er d'Sägese,

und d'Sichle, wenn der Weize bleicht,

und 's Messer, wenn der Trübel weicht.

So schmelzet denn, und schmiedet ihr,

und dankich Gott der Her derfür!

Und mach en andere Sichle drus,

und was me bruucht in Feld und Hus!

Und numme keini Sebel meh!

's het Wunde gnug und Schmerze ge,

's hinkt mengen ohni Fuß und Hand,

und menge schloft im tiefe Sand.

Kei Hurlibaus, ke Füsi meh!

Mer hen 's Lamento öbbe gseh,

und ghört, wie's in de Berge chracht,

und Ängste gha die ganzi Nacht.

Und glitte hemmer, was me cha;

drum schenket i, und stoßet a:

Uf Völkerfried' und Einigkeit

von nun a bis in Ewigkeit!

Jez zahlemer! Jez göihmer hei,

und schaffe hüt no allerlei,

und dengle no bis tief in d'Nacht,

und meihe, wenn der Tag verwacht.

Quelle:
Johann Peter Hebel: Gesamtausgabe, Band 3, Karlsruhe 1972, S. 64-68.
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