Hans und Verene

[107] Es gfallt mer nummen eini,

und selli gfallt mer gwis!

O wenni doch das Meidli hätt

es isch so flink und dundersnett,

so dundersnett,

i wär im Paradies!

's isch wohr, das Meidli gfallt mer,

und 's Meidli hätti gern!

's het alliwil e frohe Muet,

e Gsichtli het's, wie Milch und Bluet,

wie Milch und Bluet,

und Auge wie ne Stern.

Und wenni 's sieh vo witem,

se stigt mer's Bluet ins Gsicht;

es wird mer übers Herz so chnapp,

und 's Wasser lauft mer d'Backen ab,

wohl d'Backen ab;

i weiß nit, wie mer gschicht.

Am Zistig früeih bim Brunne,

se redt 's mi frei no a:

»Chumm, lüpf mer, Hans! Was fehlt der echt?

Es isch der näume gar nicht recht,

nei gar nit recht!«

I denk mi Lebtig dra.

I ha 's em solle sage,

und hätti 's numme gseit!

Und wenn i numme richer wär,

und wär mer nit mi Herz so schwer,

mi Herz so schwer,

's gäb wieder Glegeheit.

Und uf und furt, jez gangi,

's würd jäten im Salat,

und sag em's, wenni näume cha,[108]

und luegt es mi nit fründli a,

nit fründli a,

so bini morn Saldat.

En arme Kerli bini,

arm bini, sel isch wohr.

Doch hani no nüt Unrechts to,

und sufer gwachse wäri jo,

das wäri scho,

mit sellem hätt's ke Gfohr.

Was wisplet in de Hürste,

was rüehrt si echterst dört?

Es fisperlet, es ruuscht im Laub.

O bhüetis Gott der Her, i glaub,

i glaub, i glaub,

es het mi näumer ghört.

»Do bini jo, do hesch mi,

und wenn de mi denn witt!

I ha's scho sieder'm Spötlig gmerkt;

am Zistig hesch mi völlig bstärkt,

jo, völlig bstärkt.

Und worum seisch's denn nit?

Und bisch nit rich an Gülte,

und bisch nit rich an Gold,

en ehrli Gmüet isch über Geld,

und schaffe chasch in Hus und Feld,

in Hus und Feld,

und lueg, i bi der hold!«

»O Vreneli, was seisch mer,

o Vreneli, isch's so?

De hesch mi usem Fegfüür gholt,

und länger hätti 's nümme tolt,

nei, nümme tolt.

Jo, friili willi, jo!«

Quelle:
Johann Peter Hebel: Gesamtausgabe, Band 3, Karlsruhe 1972, S. 107-109.
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