An Pfarrer Günttert in Weil

[198] Vetter Vogt!

Der Bammert (i muß ichs chlage) wird tägli

liederlicher, füler, versoffener – 's isch nümme z'lebe,

's isch nümme z' gschire mitem; 's hilft weder Strofe, no Zuspruch.

Lueget, wie's er mers macht – 's isch wege 'me Tubakspfifli,

wege 'me tusig-nette Pfifli, 's het mi sechs Gulde

g'chost, und ungradi Chrützre, no oni 's Bschleg dra, und ohni

's Chetemli dra; sust seit me der Gattig Pfiflene Meerschum.

Wiß sin si wie Chlabaster, und weich wie Anke, und wie 'ne

Fliegeschißli so licht, wenn eim e Fliegen uf d'Hand schißt.

Raucht men us so me Pfifli, se würds ich wie länger, wie schöner:

Zerst würds grün am Bschleg, as wie der libhaftig Grüespo,

alliwil witer abe, und alliwil grüner und dunkler,[198]

bis es schwarz isch, wie d'Nacht, doch brun wirds gegenem Chopf zu,

und der Chopf blibt wiß, 's isch nüt nutz, wenn er nit wiß blibt.

Aber so e Pfifli isch wie e schallos Eili,

wie e Sexmonetchindli (doch nit der Landvögti ihres).

Wo mes arührt, tuts em weh; im Augeblick het es

Mose, Chritzli, Löchli, me darf nit herzhaft dra chuche.

Het ein e Rusch, se will i'm nit rote, us some Pfifli

z'rauche, 's Pfifli wär hi und überhaupt, wenn ein voll isch,

soll er's rauche lo si; me het bitrübti Exempel.

's goot mittem zunderst und zöberst, der Bode will unterem breche,

d'Bruke schwanke, d'Berg bewege si, d'Lüt sicht me doppelt,

schwezt mit em selber – armsdicki Wort – si schieße kem Pfarer

so vo de Lippe; der Ziezero z'Rom isch numme ne Naar gsi.

Aber wieder zum Pfifli. Wenn so e Pfifli versaut isch,

lueget, se cha me's buze, und wenns so rueßig und schwarz ist,

wie der Michel mit 14 Striche, so würds ich doch wider

wie der g'falle Schnee, me glaubts nit, wemmes nit gseh het.

Schabe cha mes – und wenns so rublig, wie's Here Faktore

Jobek Friderli wär, se wirds ich so glatt, und so glänzig –

's Suffilis Bäckli chönne nit glänziger, chönne nit glätter

si – und wenn so e Pfifli recht g'schlacht soll blibe, se nimmt me

näume ne Tüpfi, wo no ke Eieren-Anke isch drinn gsi,[199]

wo no ke Her (mit Salveni z' vermelde) s' Füdle drus gsalbt het,

loßt im Tüpfi Wax vergo, wie finer, wie besser,

und chocht 's Pfifli im Wax. 's isch aber e besundere, Vortel,

's cha's nit iedwedi Chue. Der werdets selber nit chönne.

Usem Fundement verstoht's der Bammert und sider

aß er d'Feldhut verlore, und kenni Einig me z' zieh het,

puzt er Pfifli. Der Burscht het sust schier nüt me z' verdiene.

's Stunde rüeffe treit nit viel i – zwor brüelt er enzetzli,

er, und d'Chatze, und d'Guhl, und 's Wirts fulärtige Hofhund

henn e Gragöl mit enander; der Mond am Himmel wird schüch drob,

d'Hexe bsegne si selber im rueßige Chemi, und bete:

»Das walt Gott, und b'hüt is Gott« – so grüseli tut er.

Aber brüele und suffe isch zweierlei. Gsoffe muß doch si.

Und wie ärger er brüelt, wie erger suft er, bis d'Sterne

notno verbleichen am graue Himmel und ene am Turnberg

lisli der Morge verwacht. Und was er mit Wache verdient het,

het er vor Tag scho versoffe. Wovo iez lebe? Der Tag will

au si Sach; und der Bammert isch ken vo dene, wo's Esse

obem Suffe verbi lön. Er frißt ich mit viere um d'Wetti,

wenn ers het, seigs Chees, seig's Brotis, Strübli und Tübli.[200]

Aber so ne Lebe chost Geld in iezige Zite;

d'Not lert bete, d'Not lert schaffe, d'Not lehrt der Bammert

Pfifli buzen. Es treit zwor wenig i, doch ischs so viel.

Loset iez, wie er mers macht. Mi Pfifli isch rublig; i gib em's

vor zwölf Wuche. 's het no gschneit, 's het no ke Blümli

's Chöpfli zeigt, se gib i'm 's Pfifli, und sag em: »Do hent ers!

Schabets, siedets, buzets! Gent achtig druf, 's chostet 6 Gulde

ohni's Bschleg dra, und ohni's Chetemli. Bringets bald wider!

Wenn ders ordeli buzet und zitli bringet, se hilf i'ch

wider zu eurem Ämtli, und zahl ich extra zwo Halbi.«

Wärs nit Ehre wert? Was tut er? Er nimt mer mi Pfifli:

»Jo, i will ich's buze und ordeli wider bringe!« –

Sellemols gseh, und nümme. I frog en, wo i'm der Chopf siech:

»Bammert, henn der mers Pfifli?« – »I schiß ich ufs Pfifli!« isch d'Antwort.

»Henders verlohre?« – »Nei.« – »Se henders versoffe, bikennets!« –

»Nei, i ha's nit versoffe!« – »Se bringets!« – »Morn will i's bringe.«

Lueget, so trib is vo Fasnecht bis Ostre, vo Ostre bis Pfingste,

wer mer's Pfifli nit bringt, das isch der liederlich Bammert.

Vetter Vogt, drum meint i, der chöntet mer öppe do bistoh,

wenn der e scharpfe Bifehl im Bammert schicktet; der wüsset,[201]

wi me mit em muß rede! vernehmlich: »'s Dunder und 's Wetter

fahr ich in Chrage denn au! Dir dunderschießige Chetzer.

Het der Her Stabhalter si tusignett Pfifli für euch gchauft?

's Pfifli use! Bi Gott! sust müent er sechs Wuche ins Hüsli!

Dixi! Günttert, Vogt.« – Was gilts, er lost's nit druf a cho?

Tüent mer der Gfalle, Heer Vogt! – Der neu Vikari vo Löhrech

bringt ich mi Briefli, e brave Her, und g'mei mit de Lüte.

Sust sin die junge Burst mengmol e wenig phantestig,

meine, sie heige ellei mit Löffle d'Glehrsamkeit gfresse.

Dreck hen si gfresse, jo woll! (vor euen Ehre z' vermelde)

schwetze uf der Chanzle vo weltliche Sachen us Büch're

('s fräs e ke Hund und ke Chatz) und ziehn ich ke gotsig Sprüchli

us der Bibel a. – sie wüsse bi Gott nit, was drin stoht!

B'haupte, Christus der Her seig 's Josephs libliche Suhn gsi,

heig nit füris glitte, seig nit vo de Toten erstande.

Hol ich der Teufel denn au! die dunderschießigi Läri!

Bringen is no um Glauben und Liebi, um Hoffnig und Himmel.

Und wenn ein vor Chummer und Trübsal schier gar verschmachtet

oder wenn ein's Gwisse an sine Sünden erinnret,

oder wemme vo hinnen im lezte Stündli soll scheide,

stöhn sie wie Mulaffe do mit ihrer weltliche Wisheit,

wüsse nit gix no gax und chönnen ein ebe nit tröste.[202]

Aber der neu Vikari isch ken vo dene. Er predigt

wie's si ghört no' em Text und nit usem hunderst'n ins tausigst,

het e tröstliche Zuspruch, und führt e christliche Wandel,

git de Lüte Bscheid, und wenn er d'Bibel vom Schaft lengt,

hexefrisirt er eim d'Sprüch so dütlich, aß es e Freud isch.

So e Her muß men ehre. Sind ordeli, wenn er ins Dorf chunnt!

Machet em ke Verdruß. I will ich en grehkumedirt ha!

Gent wol Achtig uf d'Gmei, und grüßet's Bammerte Schwoger.


H[e]b[e]l. St[a]bh[al]t[e]r.

Quelle:
Johann Peter Hebel: Gesamtausgabe, Band 3, Karlsruhe 1972, S. 198-203.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Neukirch, Benjamin

Gedichte und Satiren

Gedichte und Satiren

»Es giebet viel Leute/ welche die deutsche poesie so hoch erheben/ als ob sie nach allen stücken vollkommen wäre; Hingegen hat es auch andere/ welche sie gantz erniedrigen/ und nichts geschmacktes daran finden/ als die reimen. Beyde sind von ihren vorurtheilen sehr eingenommen. Denn wie sich die ersten um nichts bekümmern/ als was auff ihrem eignen miste gewachsen: Also verachten die andern alles/ was nicht seinen ursprung aus Franckreich hat. Summa: es gehet ihnen/ wie den kleidernarren/ deren etliche alles alte/die andern alles neue für zierlich halten; ungeachtet sie selbst nicht wissen/ was in einem oder dem andern gutes stecket.« B.N.

162 Seiten, 8.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Hochromantik

Große Erzählungen der Hochromantik

Zwischen 1804 und 1815 ist Heidelberg das intellektuelle Zentrum einer Bewegung, die sich von dort aus in der Welt verbreitet. Individuelles Erleben von Idylle und Harmonie, die Innerlichkeit der Seele sind die zentralen Themen der Hochromantik als Gegenbewegung zur von der Antike inspirierten Klassik und der vernunftgetriebenen Aufklärung. Acht der ganz großen Erzählungen der Hochromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe zusammengestellt.

390 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon