Der Sackgeist

[217] Zur Jubelfeier des Schulrats G.Fr. Ruf


I bi ne Geist usem Oberland,

und vierzig Johr und achti huus i scho

do in dem Zwerchsack, und gang nie me drus.

I ha ne frische Chnab us 's Vaters Huus

z'bigleite cha in d'Stadt zu siner Lehr

und mit sim Bündeli, und wenig drin.

»Gib achtig uffen«, het der lieb Gott gseit,

»und mach, daß öbbis Ordligs usem wird!«

's isch öbbis us der worden, alte Chnab,

und schön stoht jez di grüene Ehrechranz

in dine graue Locken, und di Sack –

nei lueg, bim Bluest, er chennt di nit,

er chennt di nimme! Aber du chennsch ihn

in Demut – alle gute Gabe kommt

von oben her, vom Vater alles Lichts –

und denksch jez wieder an di ersti Stund

voll banger Hoffnig in der fremde Stadt:

»In deine Vaterhände, du, mein Gott,

leg' ich mein Schicksal!« Guete Hände hesch's

vertraut – 's isch näume wie ne fremde Somechern,

me luegt en a, me weiß nit, was isch drin.

Was gschieht? Im Rege und im Morgetau

wachst usem chline Chörnli öbbis uff

und streckt si sölli; jez grüent Laub an Laub,

jez tribt's in alle-n-Äste Bluest an Bluest,

jez hangt's voll Frucht. So isch us seller Stund –

de hesch's nit gewüßt, di Herz het ni dra denkt –

meng Freudejohr ersproßt, und Glück und Heil

und Ehr und Chinderdank isch jez di Teil.

– Nun freue dich in Ruh und Heiterkeit

des Segens, der dich krönt, und lieblich sei

dein Abend nach des Tages schwüler Hitze.

Genieße lang des treuen Lebens Lohn

zu deiner Gattin, deiner Kinder Trost!

Quelle:
Johann Peter Hebel: Gesamtausgabe, Band 3, Karlsruhe 1972, S. 217-218.
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