Scena tertia.

[539] Siluester. Vincentius Ladislaus. Marschalck.

Vincentius nahet sich wieder zum Hertzogen, vnd spricht.


VINCENTIUS LADISLAUS. Wir haben gehört, E.F.D. sollen eine stadtliche Music haben, Wir möchten sie gerne hören. Wir haben vnsere Music auch mit hier, Wenns E.F.D. geliebt, sollen sie herkommen.

SILUESTER. Ja, sie sollen herkommen, Lasset die ewrigen nur auch holen. Zum Marschalck. Herr Marschalck, Bestellet das die Musicanten herkommen.

VINCENTIUS LADISLAUS. Domine Valeri, Holet vns auch vnser Music her. Valerius gehet abe. Vincentius spricht weiter. Wir haben vns jederzeit aller Ritterlichen Künsten vnd Thaten beflissen, Vnd sonderlich des Fechtens vnd Kempffens, Wie wir dann darin dermassen geübt vnd erfaren sein, Das wir nicht gleuben, Das vnsers gleichen jetzo in der Welt ist. Wir seind des Rapiers so mechtig, Das wir einen auff einen Knohff stossen können, auff welchen wir nur wollen, Vnd wenn ein ander meint, Wir sein noch weit von jhme, So hat er die Wehre schon im Leibe. Wie wir dann auch, Wenn wir vnser Wehr auff die Seiten hangen, schon wissen, Was wir gegen vnsern Feind gebrauchen wollen, Wir haben vns offtmals mit vier oder fünffen zugleich geraufft, Welche wir zu bodem geschlagen, Vnd seind von jhnen nicht berüret worden. Vnser Fechten ist auch kein gemeine Fechten, Dann wir Fechten im Rapier allein, Im Rapier vnd[539] Dolchen, Im Rapier vnd Mantel, Auch wol mit vier Rapieren. Vnnd wie es jmmer müglich zuerdencken, so können wirs zuwege bringen.

SILUESTER. Wir haben hier auch einen der Fechten kan, Wolt jhrs mit jhme versuchen?

VINCENTIUS LADISLAUS. Wir Fechten aber nicht anders, als scharff, Vnd mit der Wehr, so wir stets auff der halbe tragen.

SILUESTER. Ey in stumpffen Wehren kan man auch wol Fechten, Iohan, versucht es mit jhme. Vincentius vnd Iohan Bouset legen die Mentel abe, nhemen die Rapier, vnd gehen zusammen, vnd wie Iohan zu jhme eindringet, weichet er jmmer, vnd sagt entlich.

VINCENTIUS LADISLAUS. Ey was, Wir mögen jetzo nicht Fechten, Es ist zu hitzig, Darzu ist er linck, Vnd wir haben vns darzu nicht gewehnet, Wir möchten einen Spott einlegen. Inmittelst kömpt die Music. Wir wollens bleiben lassen, vnnd etwas Musiciren. Des Hertzogen Instrumentisten Musiciren erstlich, denen höret er mit grosser verwunderung zu, der Hertzog fraget jhn.

SILUESTER. Herr Oberster, Wie gefellt euch vnsere Music?

VINCENTIUS LADISLAUS. Zimblich, Aber wann vnsere Music sich hören lesset, wird man baldt einen vnterscheid mercken.

SILUESTER. Herr Oberster, Wie gefellt euch der Bassist?

VINCENTIUS LADISLAUS. Er gefellt vns zimblich wol, Aber wir haben vor diesem einen[540] gehört, der brummete so starck, das ein Gewelbe in der Kirchen oben dauon barste, Vnd do man jhn nicht heissen auffhören, were es gar eingangen, vnnd hette sie alle erschlagen.

IOHAN BOUSET. Es mus leiden schlimmer Kalck gewesen sein, damit das Gewelbe geschlossen, Vnd der Meister, so es verfertiget, mus ein vnuerstendiger Kerl gewesen sein.

SILUESTER. Wie gefellt euch aber der Discantiste?

VINCENTIUS LADISLAUS. Er ist zimblich gut, Aber wir haben einsmals einen solchen lieblichen Gesang gehört, der diese Stimme weit vbertroffen hat.

SILUESTER. Was war es dann vor ein Gesang?

VINCENTIUS LADISLAUS. Wir wollens E.F. Durchleuchtigkeit berichten. Wir waren einmal ausgereiset, Vnd wie wir wieder zu Haus kommen, hörten wir einen gar lieblichen Gesang, Vnd vermeinten nicht anders, es were eine Jungfraw, Als wir vns aber vmbsahen, war es ein Storck auffm Dach, vnd sang:

Nach grüner farb meinem Hertzen verlangt etc.

IOHAN BOUSET. Das kan vor einen lieblichen Gesang passieren, Vnd ich habe dergleichen auch einmal gehort, Das eine Wachtel gar lieblich auff eine sonderliche Melodey sang,

Wer weis obs wahr ist, was die Leute sagen.


Vincentius wird zornig, vnd saget.


VINCENTIUS LADISLAUS. Was, heisset jhr vns liegen?

IOHAN BOUSET. Behüte vns Gott beide vor lügen, Ich heisse euch nicht liegen, Ich berichte nur, wie die Wachtel gesungen hat.[541]

SILUESTER. Herr Oberster, Schaffet das sich ewer Musica auch hören lasse.

VINCENTIUS LADISLAUS. Was E.F.D. geliebet. Domine Valeri, Lasset vnsere Musicanten hieher treten, Vnd bringet vns das Pandor her, Wir wollen selber mit spielen. Inmittelst treten sie zu jhm, vnd er spricht weiter. Gnediger Herr, Wir bitten vmb verzeihung, das wir so fragen. Brauchen auch E.F.D. Instrumentisten Querpfeiffen?

SILUESTER. Ja, solten sie nicht? Wie fraget jhr so?

VINCENTIUS LADISLAUS. Es fellet vns jetzundt etwas ein, das wir derselben erzelen müssen. Wir haben einen grünen Papageyen gehabt, Der kondte auff der Querpfeiffen so lieblich pfeiffen, das wir auch nicht gleuben, das es müglich sey, das ein Mensch solt können gefunden werden, der es jhme köndte nachthuen, Vnd er ist vns auff dieser Reise gestorben, Sonsten wolten wir E.F.D. denselben verehret haben.

SILUESTER. Ihr hettet mir sollen damit einen angenhemen dienst thun.

IOHAN BOUSET. Den hette ich vorwar auch wol sehen vnd hören mögen, Dann ich verwundere mich, was er vor einen Ansatz, wegen des krummen Schnabels mag gehabt haben.

SILUESTER. Herr Oberster, Lasset doch einmal ewre Music hören. Sie Musiciren zusammen, Es ist aber falsch was sie machen, vnd dissonirt durchaus, so wol in singen als auff den Instrumenten.

IOHAN BOUSET. Nun fürwar, ich mus mich dieser Musica selber verwundern, Vnd ob ichs zuuor wol nicht geglaubet, mus ich doch jetzundt bekennen, Das man gleichwol einen grossen vnterscheidt vor[542] meines Herrn Music höret, Vnd ich habe mein lebenlang viel Musicen gehört, Aber wo mir dergleichen, als diese, jemals vorkommen ist, so wil ich nicht gesundt von dieser stedte gehen.

VINCENTIUS LADISLAUS. Domine Valeri, Nehmet das Pandor zu euch, Vnd tragets in vnser Losament, Wir wollens nun bleiben lassen, Wir haben vns vor diß mal gnugsam beweiset.


Quelle:
Herzog Heinrich Julius von Braunschweig: Die Schauspiele. Stuttgart 1855, S. 539-543.
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