Deutsche Pfingsten 1919

[329] Schwer ertönen ernste Feierglocken,

Mahnend durch die Lüfte zieht ihr Klang,

Selbst das Herz des Starken möchte stocken ...


Pfingstgesang


Wagt sich kaum zu Wipfeln hochzuschwingen,

Heller Freude Stimme scheint erstickt –

Wer kann Deutschland frohe Botschaft bringen?!–


Aufgeblickt!


Eine Botschaft, eine nur erschalle

Durch des Schicksals mitleidlosen Mund:

Wer sich selbst verschrieben dem Verfalle,


Geht zu Grund.


Nein! Laßt aus den schuldverworrnen Zeiten,

Laßt mit unerschütterlichem Sinn

Uns gefaßt in neue Zukunft schreiten!


Siegerin


Sei die Kraft, sich menschlich zu verbinden,

Sieger sei der eingeborne Mut,

Würdig Not und Schmach zu überwinden.


Schaffensglut
[330]

Soll aus Wut und Wahnsinns trübem Schwelen

Aufwärts lodern wie ein lautrer Brand,

Hirn und Hand mit Heilsgewalt beseelen.


Zwist verbannt!


Was emporgewühlt in wildem Grollen,

Was des Krieges Weltverzweiflung schuf,

Sei wie Spuk in Grabesnacht verschollen!


Werderuf


Dröhnt die Erde wie am ersten Tage.

Aus der Scholle bricht die junge Saat,

Durch der Herzen ungeheure Klage


Schreit die Tat.


Schwer ertönen ernste Feierglocken,

Mahnend durch die Lüfte zittern sie:

Deutsches Volk, in Schrecken unerschrocken,


Stahl ins Knie!

Quelle:
Karl Henckell: Gesammelte Werke. Band 2: Buch des Kampfes, München 1921, S. 329-331.
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