[91] Vater! Vater! willst Du mich nicht hören?
Soll mein schmerzlich Ringen ewig währen?
Laß mich nicht in der Versuchung sterben;
Siegen laß mich und Dein Heil erwerben.
O, mein Jesus! willst Du mich nicht kennen?
Soll dies Höllenfeuer mich verbrennen?
Jesus! Jesus! laß mich nicht versinken;
Durft' ich doch von Deinem Blute trinken.
Heil'ger Geist! o, woll'st mich nicht verdammen,
Mich nicht werfen in die ew'gen Flammen!
Hast mir einst doch einen Blick gegeben;
Hätt' ich sonst dem Herrn geweiht mein Leben?
Geist! erleuchte mir die rechten Stege!
Leite mich, mein Fuß ist irr' und träge!
Ich verzage, komm, o süßer Friede,
Salbe mich, mein Haupt ist schlafesmüde.
[92]
Vater! ach, Du wirst mich doch nicht richten?
Was Dein Hauch beseelte nicht vernichten? –
Vater! es gescheh' Dein ew'ger Wille!
Gieb, daß ich mein Herz in Demuth stille.
Milder Hirt! o, woll'st den Satan zähmen;
Dein geängstet Lamm zur Hürde nehmen;
Tritt zum Vater hin mit Deinen Wunden,
Sprich: »Die hab' Ich auch für sie empfunden.«
Ich bin blind; Dein Geist muß mich erleuchten.
Ich bin dürr; Dein Blut muß mich befeuchten.
Ich bin todt; Dein Odem muß mir Leben,
Geist und Liebe, Kraft und Glauben geben.
Berlin, 1818.
Ausgewählte Ausgaben von
Lieder (Ausgabe von 1879)
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