[121] Nein, ich will Ihn nicht verlassen,
Der nach mir die Arme streckt! –
Ja, ich will Sein Kreuz umfassen,
Das mich lang genug geschreckt.
Nur vergebens sucht' ich Freuden
Hier im weiten Erdenreich;
Immer sah ich Ihn verscheiden,
Ach! so blutend und so bleich.
Und Sein Herz – o weh der Sünde!
Die dies treuste Herz betrübt! –
Wandte sich zum bösen Kinde,
Hat es noch im Tod geliebt.
Und als Er schon ausgelitten,
Meint' es noch Sein Herz so gut,
Ward vom scharfen Speer durchschnitten,
Gab mir noch Sein letztes Blut.
[122]
O, unsäglich große Liebe!
O, unendlich liebend Herz!
Weh! wer unempfindlich bliebe,
Ihn beschämten Stein und Erz.
Wer dies treuste Herz verachtet,
Das uns ewig Heil erwarb,
Ach! der hat Den nie betrachtet,
Der für ihn am Kreuze starb. –
Möge denn die Welt es wissen,
Die in eitler Lust sich bläht,
Daß mein Herz von Schmerz zerrissen
Unterm Kreuz des Heilands steht;
Daß ich sie veracht' und hasse,
Ob sie mir auch Kronen beut,
Daß ich gern Sein Kreuz umfasse,
Ihm zu folgen bin bereit.
Mag sie prunken, mag sie schimmern,
Bis sie einst in Asche fällt;
Wenig wird mich das bekümmern:
Jesu Herz ist meine Welt.
Düsseldorf, 1820.
Ausgewählte Ausgaben von
Lieder (Ausgabe von 1879)
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