Seltzamer Calendermacher.

[312] Zu Straßburg hat einer einen Calender gemacht / und gesetzt / daß den 1. Junii ein grosser Frost einfallen werde; als aber dieser Tag kommem / war ein grosse Hitz gewesen; da hat ein Kauffmann diesen Calendermacher zu Gast gebetten / und hat lassen die Stuben tapffer einheitzen: Der Calendermacher sasse über Tisch / deme sehr heiß worden / daß er geschwitzt /und endlich zu den Kauffmann gesagt: Mein Herr /warum habt ihr die Stuben so heiß lassen machen? Der Kauffmann hat geantwortet / es ist kalt draussen: was soll es kalt seyn / sagte der Calendermacher? Der Kauffmann sprach: ich will es euch aus euren eigenen Calender beweisen: ja / sagte der Calendermacher /ich mache Calender / und GOtt das Wetter. Einer setzte in seinem Calender / daß im 1709. Jahr die güldene Zahl bey denen armen Leuten sehr gring seyn werde. Item / der Sonnen-Circkel werde rund seyn /und der Römer Zinns-Bezahlung werde meistentheils geschehen in Italien. Es werde ein Schalcks-Jahr seyn unter denen Handwercks-Burschen[312] in grossen Städten. Item / wann der Mond neu sey / so sey es nicht gut alte Kleider anlegen: herentgegen im alten Mond besser / daß man neue anziehe. Das letzte Viertel im Monat werde nach den Vollmond seyn / dann da nimmt er wieder ab / wie der Studenten-Beutel / welcher mehr ab-als zunimmt. Item / es sey nicht gut Aderlassen auf Ungarische Manier / dann mancher blute sich zu tod: baden und schrepffen sey es gut /wann die Stuben nicht zu warm / und nicht zu kalt sey. Alte Kinder zu entwöhnen / werde es in diesem Jahr schwehr seyn / sonderlich von Wein und Bier: Es sey auch böß Haar abschneiden bey denen Kahl-Köpffen: In dem Januario werde es im Rhein und Donau nicht gut baden seyn / und der solches thun werde / solle ein gewaltiges Zittern an allen Gliedern bekommen. Es werde auch im Februario nicht gut Geld fordern seyn bey denen die keines haben. Im April werden die Schwalben ihre Nester suchen / und wann sie es nicht finden / werden sie neue machen: Es werde sich auch mancher alte Geitzhals freuen / daß er den Mertzen überlebt / und dem Todtengräber keine Freud angerichtet habe. Im April werde man dörffen einen Narren hinschicken / wo man will. Item / es werden in diesem Monat viel Feuchtigkeiten sich erregen / sonderlich wann es viel regnen wird. Auch werde es in diesem Monat nicht gut seyn Aepfel und Birn zu schüttlen.[313]

Im Majo werde mancher in guter Compagnie im Grünen seyn.

Im Junio werde nichts hitziger seyn / als das Feuer: Es werde auch das Frauenzimmer einen grossen Streit mit denen Flöhen haben / aber selbiges werde doch das Feld behalten.

Im Augusto werden die Katzen gern Fisch essen /aber nicht gern fangen / dann sie die Füß nicht gern naß machen. Es sey auch in diesem Monat gut / alte böse Häuser zu verbessern.

Im September werden die grosse Herren anfangen zu jagen / und offt wenig fangen / und der sich am besten verdient gemacht / wird das wenigste Wildbret bekommen: man werde auch zu der Zeit keine gebratene Tauben sehen fliegen.

Im October werde der Wein gesünder zu trincken seyn / als der Most.

Im November werde auch manche junge Wittin eine gar kurtze Gedächtnus haben / und ihres verstorbenen Manns leichtlich vergessen.

Im December werde denen übelbekleideten Musquetirern auf der Schildwacht das Schwitzen verbotten seyn.

Quelle:
Hilarius Salustius, / MELANCHOLINI / wohl-aufgeraumter / Weeg-Gefärth, / Vorbringend / Lächerliche, anbey kluge Fabeln, [...]. Gedruckt im Jahr 1717, S. 312-314.
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