§. 34.

[56] Wir haben bereits schon oben erwehnet des Wodani, welchen die Alten vor den Urheber und Obersten des wütenden Heeres gehalten; Allein ich erinnere mich auch / daß man dieses vorzeiten etlichen Göttinnen zugeschrieben / als der Holda, (t) Dianen, Herodias, und der alten Berthen, (u) dabey ich mich aber nicht viel bekümmern will / ob diese iemahls in rerum naturâ gewesen / oder ob sie aus alt-vettelischen Fabeln entsprungen / oder ob es / wie mich fest bedüncket /wohl gewisse Geschichte / aber mit vielen Gedichten vermenget seyn. Gewißlich gedencket der Discipulus: (x) Man sage / daß um die Weynacht-Zeit / die Göttin / welche etliche die Dianam nennen / oder insgemein die Frauen-Huld mit ihren Heere ziehe. Und in Synodo Ancyrana (y) wird diese Meynung der Hexen und Unholden verworffen / da die Weiber / so der Teufel mit seinen Verblendungen verführet / vermeineten /sie ritten des Nachts mit der Dianen[56] auff allerhand Thieren herum / und beschaueten viel Orte der Welt. Daher halte ich davor / sey auch kommen / daß man die Hexen Frauen-Holden nennet / (z) zwar im Anfange wurden etliche der Teufel gute Hulden genennet / (a) weil sie nehmlich den Menschen dieneten und an die Hand giengen / andere aber Unhulden / weil sie solche Liebes-Dienste / wie man dachte / nicht leisteten / sondern vielmehr schädlich waren. Nachgehends aber sind die Hexen gleichfalls Unholden / wegen gleicher Verrichtung aus Gewohnheit genennet worden. (b) Was von der Frau Hulda gesagt wird / lieset man auch hier und davon der Dianen (c) und bin ich gäntzlich der Meynung / es sey auch die Herodias mit diesen beyden einerley / und nur durch den Namen unterschieden. Endlich von der Bertha schreibt Camerarius: (d) De moribus Berthæ (seu Berthradæ qvæ regis Caroli mater fuit) accepimus fœminam fuisse iracundam & pænè sævam, qvod adhuc fabulæ apud nos confrmant, de vagante circa domus noctu Bildaberta (Wildaberta) i.e. fera Bertha, ejulantes & contumaces pueros corripiente atq; lacerante, qvô terrore hi â matribus[57] compescuntur. Das ist: Von den Sitten der Berthæ (oder Berthardæ, welche König Carls Mutter gewesen) hat man so viel Nachricht / daß sie gewesen ein jagzornig Weib / und fast grausam / welches noch bey uns die Fabeln bestätigen / von der des Nachts um die Häuser herumgebenden Bildaberta (Wildaberta) d.i. wilden Berthen / welche die weinenden und halßstarrigen Kinder nehme und zerreisse / durch welches Schrecken sie die Mütter stillen können. Oder wie es Crusius anders anführet: (e) A Cæsare Henrico IV. Imp. & Uxore ejus Patavium libertate donatum est. Inde in figna, libertatis armato cavvocio uti cœperunt in bello Bertha nominato. Hinc dictum hoc ortum puto, qvô terrentur in qvieti pueri: Schweig oder die eiserne Bertha kompt. d.i. Von Käyser Henrichen den IV. und seinen Weibe ist die Stadt Padua mit Freyheit begnadiget worden. Daher man zum Zeichen dieser Freyheit im Kriege /einen Rist- und Heer-Wagen / so wohl bewaffnet gewesen / gebrauchet / die Bertha genannt. Und halte ich dafür hieraus fey das Sprichwort entstanden /damit man die unruhigen Kinder schrecket: Schweig[58] oder die eiserne Berthe komt. Gleichwohl so rechnet der fol. Matthesius diese Bertham, mit denen / so wir kurtz vorher erwehnet haben / zu dem Hauffen der Teufel. (f) Doch will ich auch hier niemanden wehren / diese Nahmen vor absonderliche und unterschiedene Teufels-Heere zu halten.


(t) Diese Hulde wird auch genennet / Hela / Holla / it. Fauta/ Fute / daher hat man vor Alters gesagt / der Futen-Abend oder gute Abend / darauff das Gesinde in der Heydenschafft viel gehalten. [u] Wird auch Berchta, it. Herka genennt. (x) Discip. Serm. de temp. XI. [y] can. 24. (z) also werden sie von Agricola in seinen teutschen Sprichw. hin und wieder genennt. 301. p. 162. b.

(a) Synonyma und einerley Gattung mit diesen sind: Wichtlichen / Erdmännerchen / helle Keppelein / wie Agricola bezeiget / an angeführten Orte. p. 163. (b) man conferire hiermit Theatr. Diab. P. 1. p. 77. b.f. (c) besiehe Prætor. Saturn. pr. 48. v. 54. (d) Camerarius in Niceph. Chronol. wie es Crusius anführet: ann. P. 1. l. 1. 2. c. 6. p. 329. (e) an angezogenen Orte P. 2. l. 8. c. 7. p. 266. wiewohl er c. 5. p. 256. Carrocium für Cawozium geschrieben. [f] Matthesii Auslegung der Fest- Evangel. p. 22. Was[59] seynd anders alle Polter- und Rumpel-Geister / unnatürliche Irrwische / Fr. Heredias / oder Fr. Heida / die alte Berchte mit ihren wütenden Heere / Schretel / Wichtele / Trollē / Bergmännel / denn lauter Teufel.


Quelle:
[Meister, Johann Gottlieb:] M. Paul Hilschers Curiöse Gedancken von Wütenden Heere. Aus dem Lat. ins Teutsche übers. von M. M., Dresden, Leipzig 1702, S. 56-60.
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