[64] (Mit Auslassung zweier Strophen.)
Das Licht, so sich verborgen,
Macht itzt den neuen Morgen,
Es sinkt die trübe Nacht;
Die bleichen Sterne weichen,
Der Mond auch will verstreichen,
Und ich bin aufgewacht.
Daß ich mich kann bewegen,
Daß Hand und Fuß sich regen,
Daß ich noch leben kann,
Daß Auge, Mund und Ohren
Nicht ihre Kraft verloren,
Hast du, o Herr, gethan.
[65]
Ich habe dies aus Gnaden,
Ich, der ich bin beladen
Mit überhäufter Schuld;
Es scheint, du willst die Flecken
Mit deinem Mantel decken
Und hast mit mir Geduld.
Herr, rege Hand und Sinnen,
Treib' selber mein Beginnen,
Sei meines Geistes Licht!
Wie kann mein Fuß bestehen
Und ohne Straucheln gehen,
Wenn mir dein Trieb gebricht?
Ich bin in einer Wüste
Voll tausend böser Lüste;
Herr, reich' mir deine Hand!
Ich kann hinaus nicht schreiten,
Wird nicht dein Wort mich leiten
In ein bebautes Land.
[66]
Ich will mich zwar bemühen,
Den Glanz der Welt zu fliehen,
Die mich noch hält in Haft;
Doch weil's auf allen Seiten
So leichtlich ist, zu gleiten,
So gieb mir neue Kraft!
Herr, lenk' mir mein Gesichte
Hin zu dem rechten Lichte
Und zu dem rechten Schein;
Heb' du des Geistes Schwingen,
Die Wolken durchzudringen,
So kann ich Adler sein!