In der Mitternacht

[253] Todesstille deckt das Thal

Bey des Mondes halbem Strahl;

Winde flüstern, dumpf und bang,

In des Wächters Nachtgesang.


Leiser, dumpfer tönt es hier

In der bangen Seele mir,

Nimmt den Strahl der Hoffnung fort,

Wie den Mond die Wolke dort.


Hüllt, ihr Wolken, hüllt den Schein

Immer tiefer, tiefer ein!

Vor ihm bergen will mein Herz

Seinen tiefen, tiefen Schmerz
[254]

Nennen soll ihn nicht mein Mund;

Keine Thräne mach' ihn kund;

Senken soll man ihn hinab

Einst mit mir ins kühle Grab.


O der schönen langen Nacht,

Wo nicht Erden-Liebe lacht,

Wo verlaßne Treue nicht

Ihren Kranz von Dornen flicht!


An des Todes milder Hand

Geht der Weg ins Vaterland;

Dort is Liebe sonder Pein;

Selig, selig werd' ich seyn.

Quelle:
Johann Georg Jacobi: Sämmtliche Werke. Band 3, Zürich 1819, S. 253-255.
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