Durch!
Ein Petschaft, worauf ein Pfeil, der auf eine Wolke zuflog, mit der Unterschrift: »Durch!« gab Gelegenheit zu diesem Gedichte.
1813.

[86] Wie dort im Nebelkranze,

Voll finst'rer Majestät,

Die schwarze Wolkenschanze

Am Firmamente steht!

Die Feuerkugeln sprühen

Aus ihrem dunklen Schoß,

Und Zackenflammen glühen,

Und Donner brechen los.


Und vor dem Zorngerichte

Kniet armer Sünder Zahl:

»Herr Zebaoth, vernichte

Nur nicht mein stilles Thal!

Das ganze Volk erschlage,

Rotte die Menschheit aus –

Nur laß mir meine Tage,

Und mein Kind und mein Haus


O, liegt nur im Gebete,

Feig in den Staub gebückt,

Daß euch der Gott zertrete,

Der in den Blitzen zückt![86]

Die Glocke in dem Sturme,

Die zum Gebete ruft,

Lockt erst nach ihrem Turme

Die flammenschwang're Luft.


Und eine andre Menge

Steht, dem Verderben nah',

Mit blitzendem Gepränge

In Waffenrüstung da.

Wie sie noch ohne Grauen

Ganz ruhig fürder ziehn

Und nach den Blitzen schauen,

Die immer näher glühn!


Was soll das ew'ge Zaudern?

Hier hilft nur rasche That,

Die kraftvoll ohne Schaudern

Das Schlangenhaupt zertrat.

Soll euch die Rüstung schützen?

Sonst wehrt sie wohl dem Streich;

Jetzt ruft sie nach den Blitzen,

Ruft Rache über euch!


Nein, frisch! – Ein freudig Siegen

Kommt nur nach heißer Schlacht!

Seht ihr den Pfeil dort fliegen?

Der bricht der Wolken Nacht.

Durch muß er, durch! – Der Bogen

Schonte die Sehne nicht;

Der Pfeil ist durchgeflogen,

Schwimmt nun im Sonnenlicht!


Durch, Brüder, durch! – Das werde

Das Wort in Kampf und Schmerz!

Gemeines will zur Erde,

Edles will himmelwärts!

Soll uns der Sumpf vermodern?

Was gilt der Wolkenbrand?

Drum laßt den Blitz nur lodern!

Durch! – Dort ist's Vaterland!


Quelle:
Theodor Körner: Werke, Band 1, Leipzig und Wien 1893, S. 86-87.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Leier und Schwert
Leier und Schwert, Zriny, Rosamunde, mit Einleitung;

Buchempfehlung

Prévost d'Exiles, Antoine-François

Manon Lescaut

Manon Lescaut

Der junge Chevalier des Grieux schlägt die vom Vater eingefädelte Karriere als Malteserritter aus und flüchtet mit Manon Lescaut, deren Eltern sie in ein Kloster verbannt hatten, kurzerhand nach Paris. Das junge Paar lebt von Luft und Liebe bis Manon Gefallen an einem anderen findet. Grieux kehrt reumütig in die Obhut seiner Eltern zurück und nimmt das Studium der Theologie auf. Bis er Manon wiedertrifft, ihr verzeiht, und erneut mit ihr durchbrennt. Geldsorgen und Manons Lebenswandel lassen Grieux zum Falschspieler werden, er wird verhaftet, Manon wieder untreu. Schließlich landen beide in Amerika und bauen sich ein neues Leben auf. Bis Manon... »Liebe! Liebe! wirst du es denn nie lernen, mit der Vernunft zusammenzugehen?« schüttelt der Polizist den Kopf, als er Grieux festnimmt und beschreibt damit das zentrale Motiv des berühmten Romans von Antoine François Prévost d'Exiles.

142 Seiten, 8.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Sturm und Drang. Sechs Erzählungen

Geschichten aus dem Sturm und Drang. Sechs Erzählungen

Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Michael Holzinger hat sechs eindrucksvolle Erzählungen von wütenden, jungen Männern des 18. Jahrhunderts ausgewählt.

468 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon