Jesuitenzug

[258] 1843


Hussa! hussa! die Hatz geht los!

Es kommt geritten klein und groß,

Das springt und purzelt gar behend,

Das kreischt und zetert ohne End:

Sie kommen, die Jesuiten!


Da reiten sie auf Schlängelein

Und hintendrein auf Drach und Schwein;

Was das für muntre Bursche sind!

Wohl graut im Mutterleib dem Kind:

Sie kommen, die Jesuiten!


Hu, wie das krabbelt, kneipt und kriecht,

Pfui, wie's so infernalisch riecht!

Jetzt fahre hin, du gute Ruh!

Geh, Grete, mach das Fenster zu:

Sie kommen, die Jesuiten!


»Gewissen, Ehr und Treue nehmt

Dem Mann und macht ihn ausverschämt,

Und seines Weibes Unterrock

Hängt ihm als Fahne an den Stock:

Wir kommen, die Jesuiten!«
[258]

Von Kreuz und Fahne angeführt,

Den Giftsack hinten aufgeschnürt,

Der Fanatismus ist Profoß,

Die Dummheit folgt als Betteltroß:

Sie kommen, die Jesuiten!


»Wir nisten uns im Niederleib

Wie Maden ein bei Mann und Weib,

Und was ein Schwein erfinden kann,

Das bringen wir an Weib und Mann:

Wir kommen, die Jesuiten!«


O gutes Land, du schöne Braut,

Du wirst dem Teufel angetraut!

Ja, weine nur, du armes Kind!

Vom Gotthard weht ein schlimmer Wind:

Sie kommen, die Jesuiten!


Quelle:
Gottfried Keller: Sämtliche Werke in acht Bänden, Band 1, Berlin 1958–1961, S. 258-259.
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