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[117] O gieb mir Laut und Stimme,
O gieb mir Wort und Sang,
Daß ich ein Lied anstimme
Für Dich zum Lobgesang.
Laß mich Dein Geist durchdringen,
Dein hoher Gottesgeist,
Ich will's den Menschen singen,
Wie man Dich, Höchster, preist!
Ich will's der Menschheit singen,
Daß Du die Welten lenkst,
Daß Du das Licht erschaffen,
Daß Du die Meere tränkst.
Daß Du im tiefsten Abgrund
Das kleinste Wesen nährst,
Daß Du vom tiefsten Kerker
Den stillsten Seufzer hörst!
Daß Du mit Deiner Größe
Die Sonnen hast geschmückt,
Doch auch das kleinste Blümlein
An Deine Brust gedrückt;
[118]
Bevor Du es erschaffen,
Bevor Du uns es gibst,
Nimmst Du die kleine Blüte
Und zärtlich Du sie liebst!
Du gibst ihr Glanz und Leben,
Du machst sie zart und schön,
Du gibst ihr Licht und Sonne,
Und läßt sie Sonnen seh'n.
Daß Du die blauen Himmel,
Die goldnen Sterne schufst,
Daß Du mit Deiner Stimme
Der Berge Echo rufst:
Damit man endlich wisse,
Daß jeder Laut Dir kund,
Daß unterdrückter Seufzer
Durchdringt der Tiefe Grund;
Durchdringt der Meere Klippen,
Dringt hin zum Himmelszelt,
Zu Gott dem Allerhöchsten,
Dem Schöpfer aller Welt;
[119]
Daß Er den Seufzer stille,
Dem Schwachen Kraft verleih',
Daß er das Recht bewähre,
Der Unschuld Schutzfels sei.
Ausgewählte Ausgaben von
Gedichte (Ausgabe 1903)
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Im Jahre 1758 kämpft die Nonne Marguerite Delamarre in einem aufsehenerregenden Prozeß um die Aufhebung ihres Gelübdes. Diderot und sein Freund Friedrich Melchior Grimm sind von dem Vorgang fasziniert und fingieren einen Brief der vermeintlich geflohenen Nonne an ihren gemeinsamen Freund, den Marquis de Croismare, in dem sie ihn um Hilfe bittet. Aus dem makaberen Scherz entsteht 1760 Diderots Roman "La religieuse", den er zu Lebzeiten allerdings nicht veröffentlicht. Erst nach einer 1792 anonym erschienenen Übersetzung ins Deutsche erscheint 1796 der Text im französischen Original, zwölf Jahre nach Diderots Tod. Die zeitgenössische Rezeption war erwartungsgemäß turbulent. Noch in Meyers Konversations-Lexikon von 1906 wird der "Naturalismus" des Romans als "empörend" empfunden. Die Aufführung der weitgehend werkgetreuen Verfilmung von 1966 wurde zunächst verboten.
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