Siebente Szene

[456] Olmers und Sabine.


OLMERS. Endlich sind sie fort!

SABINE. Aber nun müssen auch wir hinein.

OLMERS. Nicht doch, der Abend ist so schön, so lau. Noch ein Spaziergang vor das Tor.[456]

SABINE. Sind Sie toll? warum nicht lieber gar in Ihren Steinbruch?

OLMERS. Oder doch durch die Straßen.

SABINE. Ebensowenig. Da sieht man was ein Mädchen wagt, wenn es nur einen Finger breit vom Wohlstande weicht. Weil ich vor die Haustür mich locken ließ, so meint der Herr nun gleich, er dürfe mit mir lustwandeln in die weite Welt.

OLMERS. Ein harmloser Spaziergang –

SABINE. Ein fröhlicher Gang durchs Leben an Ihrer Hand, aber kein solcher Spaziergang vor der Hochzeit. Drum gute Nacht. Morgen rücken Sie nur fein früh mit dem Titel heraus, und befolgen meine übrigen Vorschriften pünktlich.

OLMERS. Gute Nacht, treffliches Mädchen! Ein Kuß wird mir doch nicht verweigert?

SABINE. Ein Händedruck ist schon mehr als zuviel. Gute Nacht. – O weh! da sehe ich eine Laterne eilig auf uns zukommen. Es ist der blinde Ratsdiener, wo ich nicht irre. Geschwind noch einmal Versteckens gespielt. Sie treten wieder hinter den Laternenpfahl.


Quelle:
August von Kotzebue: Schauspiele. Frankfurt a.M. 1972, S. 456-457.
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