Die Nebelkrähe

[95] Ein graues Regenlaken hängt

Unsauber auf die Erde,

Ich stampfe durch das Heidekraut,

Unwirsch ist meine Gebärde.


Eintönig pfeift der nasse West,

Wallhecken versperren die Weite,

Es spritzt der zähe Klei um mich,

Wohin ich geh' und schreite.


Ein rauher, wilder Krähenschrei

Klingt plötzlich durch das Wehen,

So frech und frank, so krächzen nicht

Die schwarzen, westfälischen Krähen.
[95]

Sei mir gegrüßt, lieb' Heimatskind

In schwarz und grauem Gefieder,

Ich höre lieber dein rauhes Wort

Als Nachtigallenlieder.


Du zauberst vor mich hin ein Bild:

»Schwarzblaue Kiefernwälder,

Ein blauer, rohrbesetzter See

Und weite Roggenfelder.«


Und alles groß und hoch und weit,

Die Menschen so gesellig,

Die Häuser liegen enggedrängt,

Das macht die Leute gefällig.


Hier sitzt ein jeder eulenhaft

Auf seiner Ackerklause –

Du graue Krähe, flieg voran,

Zeig' mir den Weg nach Hause.

Quelle:
Hermann Löns: Sämtliche Werke, Band 1, Leipzig 1924, S. 95-96.
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