[111] Vor mir auf dem Tisch stehn
Bläulichrote Hyazinthen.
Die krausen Sechsblättchen sind zurückgebogen.
Eine Geruchwelle wie von Leichen nach einer Schlacht,
Wie von Pestfeldern,
Kommt zu mir von den Blumen hergezogen.
Wie von dumpfen, trüben Trieben.
Gräßlich.
Da seh ich ein unendlich rührendes Bild:
Eine schöne, blasse, ernste junge Frau
Hat die Hyazinthen
Hart an ihre Brust gerissen.
Sie beugt die Stirn tief hinein,
Und schließt die Augen,
Und trinkt den Duft, wie aus einem Giftbecher,
Als ob sie den Tod ersehne.
Und sie öffnet die Lider
Und sieht visionär nach oben.
Dann schließen sich wieder die Lider.
Und auf ihnen gewahr ich
Feine, müde Äderchen...[112]
Und noch einmal sah ich
Die bläulichroten Hyazinthen:
Ein heißer Julitag:
Ich gehe im Schatten eines Waldrands
In einem dicken Sandweg.
Die Aussicht nach der andern Seite
Ist versperrt durch ein Knick.
Eine Dame, ohne jede Begleitung,
Kommt mir im Paradegalopp entgegengeritten
Auf ihrem Hunter.
Als wir uns begegnen, bleib ich stehn
Und ziehe den Hut.
Und sie grüßt mich mit der Gerte,
Die sie senkrecht bis an die rechte Schläfe hebt,
Ihr Haupt zu mir neigend.
Ein Bündelchen Hyazinthen
Ist am Kopf der Gerte mit einem Bastbändchen
Festgenestelt.
Es ist dieselbe schöne, blasse, ernste junge Frau.
Und über alle die kleinen unschuldigen
Knick- und Waldrandblümchen weht,
Es ist nur wie die letzte Spur eines Hauchs,
Der fürchterliche Hyazinthen-Atem.
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