[13] Otho, welcher bey dem Käyser Nero zur Taffel war / lobet dem Käyser beweglich die Schönheit und Anmuth seines Ehweibes Sabina Poppæa, verachtet hingegen des Käysers Gemahlin die Octavia; Hierüber kommt des Käysers geheimster Freygelassener Paris ins Gemach / und berichtet: Daß Agrippine des Nero Mutter sich mit dem Rubellius Plautus, welchen sie zu heyrathen gedächte / wider den Käyser verbunden habe / auch ihm nach Zepter und Leben stünde. Nero fertigt den Burrhus und Seneca an Agrippinen ab / mit Befehl / sie / da sie schuldig / hinzurichten. Agrippina und Octavia klagen einander ihr Elend und die Verfolgung des Käysers: in deßen bricht Burrhus und Seneca nebst andern Käyserlichen in der Agrippinen Zimmer und setzen ihr wegen beschuldigter Untreu harte zu / die sich aber nicht allein hertzhaft vertheidiget / sondern sie reiniget sich auch bey dem Nero derogestalt: Daß ihre Ankläger gestrafft / ihre Zugethane aber zu hohen Würden erhoben werden. Die Gerechtigkeit stellet im Reyen für: Daß doch endlich die Tugend siege / die Laster zu Grunde gehen.
Als Nero sich die Sabina Poppæa zu der Wollust und seinem Gefallen zu bringen bemühet / reitzet sie den verliebten Käyser an: Daß er Octavien verstoßen / Agrippinen hinrichten solle; als welche beyde ihr- und seiner Liebe am Wege stünden. Hierzu hilft Paris euserst / und gibt dem Käyser den Rath: daß er den Otho, umb alle Schälsucht zu verhütten / zum Landvogte in Portugal machen solte. Agrippina und Octavia suchen hingegen bey dem Burrhus und Seneca Beystand / und reitzen sie wider den Käyser beweglich / aber vergebens an. Als diser Anschlag ihnen fehlet / bemühen sie sich abermals umbsonst den Otho[14] zur Eyfersucht wegen seines Ehweibes wider den Käyser aufzufrischen. Der Käyser bestätigt und verschickt den Otho als Landvogt in Portugal. In dem Reyen klaget die Rubria ihren Schwestern den Vestalischen Jungfrauen: Daß sie Nero genothzwängt habe / weissaget auch dem Käyser den Untergang.
Als Burrhus und Seneca vernehmen von des Käysers Freygelassenen Acte: Daß Agrippine den Nero zu Unkeuschheit anreitze; heißen sie sie ins Zimmer dringen / und ihm: Daß die Käyserliche Leibwache wegen vermutheter Ubelthat / übel zu frieden sey / vorhalten. Agrippina reitzet den Käyser mit hitzigem Eyser zur Bluttschande an / umb dardurch ihn von der Sabina Poppæa abwendig zu machen: Sie aber wird von der eindringenden Acte gestöret. Paris mahlet hierauf dem Käyser für die ungezähmte und Sterbens-würdige Begierde seiner unkeuschen Mutter: Bringet ihn auch so weit: Daß er sie zu tödten williget; und nach allerhand Berathschlagung nimmt er des Anicetus Vorschlag an: Daß er die Agrippine auf einem künstlichen von sich selbst zerfallenden Schiffe ersäuffen wolle: auf selbtes sie nun zu locken / begibt er sich nach Bajæ, und ladet sie ihm nachzufolgen mit ersinnlichsten Liebes-Bezeugungen ein; Küsset ihr auch den Abschied nehmende Mund und Brüste. Die See- und Berg-Göttinnen bilden im Reyen der Agrippinen Verrätherischen Schiffbruch ab.
Des Britannicus Geist verweiset dem schlaffenden Nero den Bruder-Mord und eröfnet ihm zugleich den vergebenen Außschlag des angestellten Schiffbruchs; welches dem erwachenden Käyser Paris mit Schrecken mehr bestätigt und die Ankunfft des von der Agrippinen abgesendeten Agerinus berichtet. Seneca gibt dem furchtsamen Käyser den Rath die Mutter zu tödten / welches Anicetus ins Werck zu sätzen auf sich nimmt / diese Arglist vorschlagende: Der Käyser solle vorgeben: Agrippine hette den Agerinus umb den Nero Meuchelmördrisch[15] hinzurichten abgeschickt / zu deßen Bescheinigung er denn bey der Verhör ihm einen giftigen Dolch / als wenn er dem Abgesendeten entfiele / zwischen die Beine wirfft. Deßhalben Agerinus den Meichel-Mord zu bekennen vergebens gemartert und endlich hingerichtet wird. Im Reyen wird entworffen / wie die heftigste auch von der Natur eingepflantzte Liebe durch Zeit und Todt entwaffnet / von Ehrsucht aber in schröckliche Gestalt verendert werde.
Die von dem Schiffbruche mit einer Wunden entkommene Agrippine beklagt die arglistige Nachstellung ihres Sohnes / erweget ihre begangene Missethaten und weissagt ihr selbst ihren nahen Untergang / als Anicetus, Herculeus und Oloaritus mit Gewalt in ihr Zimmer / in welchem sie alle Ihrige verlassen / brechen / und zwar Herculeus sie mit einem Prügel über den Kopff schläget / Oloaritus aber sie im Bette liegende und den nackten Leib hervorstreckende mit vielen Stichen ermordet. Nero kommet / beuchet die entseelte Mutter / lobet und schilt ihre Gestalt und Thaten / Seneca aber gibt dem Nero den Mutter-Mord zu Rom zu entschuldigen / allerhand Beschönungen an die Hand / und Nero ruffet alle der Agrippinen halben Verwiesene und andere Straffen zurücke / heist auch die Todte aufs schlechteste verbrennen. Poppæa bewegt den Nero: Daß er Octavien noch selbigen Tag zu verstoßen entschleußt / hierüber wird er von der Agrippinen Geiste erschrecket / vom Burrhus aber / welcher die Soldaten gegen dem Käyser ihre Treue zu bezeugen anermahnet / wieder aufgemuntert. Bey dem eingeäscherten Holtzstoße reden Paris und Anicetus von der Agrippinen schlechten Begräbnüße schimpflich / Mnester aber / ihr Freygelassener / entleibet sich selbst. Nero bemühet sich durch einen Zauberer und Todten-Opffer den Geist der ermordeten Mutter zu beschweren und zu versöhnen / wird aber von den erscheinenden Furien und des Orestes und Alcmæon Geistern derogestalt erschreckt: Daß er nebst dem Zauberer in Ohnmacht sincket. Im Reyen wird von den Furien die Marter eines bösen Gewissens für Augen gestellet.[16]