XXVII.

1RHüme dich nicht des morgendes tages / Denn du weissest nicht was heute sich begeben mag. Jaco. 4.

2Las dich einen andern loben / vnd nicht deinen Mund / Einen frembden / vnd nicht deine eigen lippen.

3Stein ist schweer / vnd sand ist last / Aber des Narren zorn ist schwerer denn die beide.

4Zorn ist ein wütig ding / vnd Grim ist vngestüm /Vnd wer kan fur dem Neid bestehen?

5Offentliche straffe ist besser / Denn heimliche liebe.

6Die schlege des Liebhabers meinens recht gut /Aber das küssen des Hassers ist ein gewessch. Hiob. 6.

7Ein volle Seele zutrittet wol honigseim / Aber einer hungerigen Seel ist alles bitter süsse.

8Wie ein Vogel1 ist der aus seinem nest weicht /Also ist der von seiner Stete weicht.

9DAS hertz frewet sich der Salben vnd Reuchwerg / Aber ein Freund ist lieblich / vmb rats willen der Seelen.

10Deinen Freund2 vnd deines Vaters freund verlas nicht / Vnd gehe nicht ins haus deines Bruders / wenn dirs vbel gehet / Denn ein Nachbar3 ist besser in der nehe / weder ein Bruder in der ferne.

11SEy weise4 mein Son / so frewet sich mein hertz / So wil ich antworten dem der mich schmehet.

12Ein Witziger sihet das vnglück / vnd verbirget sich / Aber die Albern gehen durch / vnd leiden schaden. Sup. 21.; Sup. 22.

13Nim dem sein Kleid / der fur ein andern Bürge wird / vnd pfende jn vmb der Frembden willen.

14Wer seinen Nehesten mit lauter stim segenet5 vnd früe auffstehet / Das wird jm fur ein Fluch gerechnet.

15EJn zenckisch weib vnd stetigs trieffen wens seer regent / Werden wol mit einander vergleicht.

16Wer sie auff helt / der helt den Wind / Vnd wil das Ole mit der hand fassen.

17Ein Messer wetzt das ander / Vnd ein Man den andern.

18Wer seinen Feigenbawm bewaret / der isset Früchte dauon / Vnd wer seinen Herrn bewaret / wird geehret.

19Wie der Scheme6 im wasser ist gegen das Angesicht / Also ist eins Menschen hertz gegen dem andern.

20Helle vnd Verderbnis werden nimer vol / Vnd der Menschen augen sind auch vnsettig. Jnfr. 30.

21Ein Man wird durch den mund des Lobers7 bewert / Wie das Silber im tigel / vnd das Gold im ofen. Eccl. 14.

22Wenn du den Narren im Mörser zu stiessest mit dem stempffel wie grütze / So liesse doch seine Narrheit nicht von jm.

23AVff deine Schafe hab acht / Vnd nim dich deiner Herde an.

24Denn Gut weret nicht ewiglich / Vnd die Krone8 weret nicht fur vnd fur.

25Das hew ist auffgangen / vnd ist da das gras /Vnd wird kraut auff den bergen gesamlet.

26Die Lemmer kleiden dich / Vnd die Böck geben dir das ackergelt.

27Du hast Ziegenmilch gnug zur speise deins hauses / Vnd zur narung deiner Dirnen.


1 Las dich kein anfechtung von deinem Befehl treiben / Halt feste / es wirds Gott wol gut machen.

2 Alte Freunde die besten.

3 Frembde thun mehr guts / denn eigen Freunde.

4 Hüt dich fur der That / der Lügen wird wol rat.

5 Das ist / Wer seer schilt / der lobt / vnd wer seer lobt / der schilt. Denn man gleubt jnen nicht / weil sie es zu gros machen.

6 Das ist / Wie der scheme im wasser wackelt vnd vngewis ist. Also sind auch die hertzen. Es heisset / Trawe nicht.

7 Wer sich gern loben höret / wird billich betrogen / Denn er beweiset da mit das er ein loser Man sey / der sein ehre vber alles recht liebt.

8 Das ist / Die herrschaft im hause / Als solt er sagen / Las dir gnügen an dem / das fur handen ist / hie ist nicht bleibens.


Quelle:
Martin Luther: Die gantze Heilige Schrifft Deudsch. 2 Bände, München 1972.
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