34. Serenade

[79] Laß, o stille Nacht,

Auf den, der harrend wacht,

Zwei Sternlein blicken,

Sein Herz zu beglücken,

Das in Sehnsucht bricht!

O du Süße, Reine,

Die in Lieb ich meine,

Höre, was bittend die Lippe spricht:

Zaud're nicht! zaudre nicht!


So oft in Schlummer

Mein Herze schlägt,

Nach der die Sehnsucht

Es mir bewegt;

So oft am Tage

Geheime Klage

Der Seufzer trägt:

Dir, dir alleine,

Du Süße, Reine,

Der Seufzer gilt.

O höre, was bittend die Lippe spricht:

Zeige dein liebliches Angesicht!


Leise hauchen Abendwinde

Durch der Blüten Gold.

Ach, versteh's! Sie sprechen linde:

Sei mir hold!

Vom Himmelsblau

Perlet Thau;[80]

Sollen Thränen ihn mehren?

O Süße, Reine,

Du nur die Eine,

Für die ich lebe

Für die ich strebe,

Willst du mir wehren

Der Aeuglein Schein?

Soll Nacht in mir, wie um mich sein?

O höre, was bittend die Lippe spricht:

Neige mir milde dein Angesicht!


Ach, du schweigest! Schlummerst du? –

O walle hernieder

Mit leisem Gefieder,

Schlummer der Ruh;

Siegle das liebe

Augenlid zu!

Zaubre, ich flehe,

Daß vor ihr stehe

Im Traum mein Bild!

O Süße, Reine,

O schlumm're mild.

Quelle:
Friedrich Müller (Maler Müller): Gedichte. Jena 1873, S. 79-81.
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