Port Arthur

[214] »Pour le mérite« der Menschheit ging's:

sie fielen rechts und sie stürzten links.

Durch berstende Mauern, von Flammen umloht,

durch Bäche von Blut schritt der grinsende Tod;

und er schwang seine Sense zu sausendem Schnitt –

Pour le mérite!
[214]

Und sie würgten wie Bestien sich, knirschend vor Wut,

das Messer des Schlächters ertrank in Blut.

In Salvengeknatter erstickt das Ach,

die pfeifende Bombe durchschlug das Dach.

Und die Kranken, die Wunden mußten mit –

Pour le mérite.


Rotfunkelnden Aug's schlich der Hunger herum. –

Der brüllende Bär ward endlich stumm.

Ueber stürzende Türme, den sinkenden Wall

stieg empor der blutige Sonnenball.

Und der blutige Ball steht im Zenit –

Pour le mérite!


Nun schmückt die Beiden, die pflichtbewußt

das Herz ermordet in ihrer Brust,

der funkelnde Stern. Doch wie brandender Gischt,

aus Winseln und Stöhnen und Fluchen gemischt,

umdröhnt ihre Häupter ein anderes Lied:

Pour le mérite?


Ja, ein anderes Lied, von dem besseren Ruhm!

In den Festen wankt das Zäsarentum.

Aus den rauchenden Trümmern Port Arthurs gellt

ein Schrei, und ihn hört die erschauernde Welt:

wo bleibt der Held, der die Freiheit erstritt,

Pour le mérite?!

Quelle:
Clara Müller-Jahnke: Gedichte, Berlin [1910], S. 214-215.
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Gedichte
Der Freiheit zu eigen: Gedichte 1884-1905