[155] Hugo. Valeros, den Degen an der Seite, einen zweiten hält er sorgfältig unter dem Mantel verborgen.
VALEROS noch im Hintergrunde, tief und gedehnt.
Otto!
HUGO fährt gewaltig zusammen und springt auf, seine Kniee zittern, als er sich nach der Thür wendet.
Ihr seid's?
VALEROS vorkommend.
Warum zitterst du?
HUGO.
Eure Stimme –! 's war beinah,[155]
Als ob – Karl – den Namen rufte.
VALEROS halb vor sich.
Hm! Wer weiß?
HUGO mit Unruhe.
Wollt ihr denn heut
Nicht zur Ruh? – Bewaffnet seid ihr –
Warum seid ihr denn bewaffnet?
VALEROS.
Nach den Waffen greift der Spanier
Ueberall, wo seinem Namen
Schande drohet.
HUGO.
Seid doch ruhig!
Ich hab' alles eingesehn.
VALEROS.
Was?
HUGO.
Daß ich um euretwillen,
Und um Jerta und Elviren,
Muß Verzicht thun auf den Trost,
Den gemeine Sünder haben:
Büßend vor dem Volk zu fallen[156]
Unter Priesters Segensspruch.
Nur der Fluch – so eben sprach es
Jerta aus – des Vaterfluches
Finstre Macht beherrschet mich,
Treibt mich rastlos an zum Bösen.
Könntet ihr den Fluch nur lösen!
VALEROS ohne Hitze, aber fest.
Rache löst ihn. Dazu such' ich
Ausgerüstet dich im Schlosse.
HUGO zurücktretend.
Wie? ihr wollt mich –
VALEROS wirft aus der Entfernung einiger Schritte den Degen, den er unter'm Mantel barg, ohne Heftigkeit zu Hugo's Füßen.
Wie es fällt.
Ficht mit mir!
HUGO.
Daß Gott mich wahre!
Mit dem Vater?
VALEROS.
Des Erschlagnen.[157]
HUGO.
Mit dem Greis?
VALEROS.
Nicht Ritterspeere
Gilt es ja zu schwingen; diese
Waffen fordern Kunst, nicht Stärke.
HUGO dringend.
Denkt ihr nicht –?
VALEROS.
Ich hab's beschlossen.
Weiber wissen das Geheimniß,
Und geheim nicht kann es bleiben,
Und nicht ungerächt Don Karl
Brudermord in meinem Stamme!
Diese Schmach, beim Himmel, wäscht
Blut nur ab. – Heut ist der Tag.
Wo er fiel, und heut noch fällt
Karlos Mörder, oder ich!
HUGO schaudernd.
Oder! – Wißt ihr, was ihr sprecht?
Fühlt ihr es in meine Seele?[158]
VALEROS.
Wohl mag vor dem Kampf dir grauen,
Doch ihn schuldig bist du mir.
Lieb' und Haß, Natur und Pflicht
Reißen an dem Vaterherzen;
Nur im Kampfe find' ich Frieden.
Darum nimm, und ficht mit mir!
HUGO.
Nimmermehr! der Augenblick
Ist der Thaten Herr. Es könnte,
Wenn die Spitze naht der Brust,
Mich die Lust zum Leben fassen,
Ich euch tödten –
VALEROS.
Desto besser!
HUGO.
Und wenn ihr den Sohn erlegt,
Ist ja euer Hals verfallen
An den Blutbann dieses Landes,
Welcher streng –
VALEROS stolz.
Wer sagt dir das?
[159] Einen Herrn nur hat auf Erden
Don Valeros und sein Haus.
Dieser herrscht im Süden zweier
Welten; hier im fremden Nord
Sind wir niemand unterthan.
Fällst du; hat dich Gott gerichtet
Durch das Oberhaupt des Stammes.
Zaudre nicht.
HUGO.
Eh' stoßt mich nieder!
VALEROS.
Meuchlings? – Ist mein Handwerk nicht.
HUGO getroffen.
Handwerk?
Mit Gemisch von Bitten und Warnen.
Vater!
VALEROS.
Mach', man könnt' uns
Stören. – Willst du?
HUGO gepreßt.
Nein!
VALEROS warm.
Du trägst[160]
Zweier Heldenstämme Namen,
Und bist feig?
HUGO sich vergessend.
Wer sagt das?
VALEROS
Feig,
Wie Banditen!
HUGO außer sich, hebt den Degen auf.
Tod und Hölle!
VALEROS stellt sich und reißt seinen Degen aus der Scheide.
Endlich! – Zieh, gereizter Tiger,
Und fall' aus auf meine Brust!
HUGO nach einer kurzen Pause der Erholung.
Nein; – Verflucht sei meine Hand,
Wenn sie diesen Stahl entblößet.
Er bricht dicht über der Scheide das Gefäß ab, und wirft beide Stücke hinter sich in den Saal.
Rost zerfreß' ihn in der Scheide.
VALEROS im Kampf mit ausbrechender Wuth.
Ha! – Wohlan denn, willst du nicht
Wagen, Bube; so verliere!
[161] Er faßt rasch den Degen mit verwendeter Hand wie einen Dolch.
Beide können wir nicht leben!
Er eilt auf Hugo zu, ihn zu durchstoßen. Hugo steht ruhig. Elvire, die schon eingetreten ist, fliegt herbei.
Buchempfehlung
Als Blaise Pascal stirbt hinterlässt er rund 1000 ungeordnete Zettel, die er in den letzten Jahren vor seinem frühen Tode als Skizze für ein großes Werk zur Verteidigung des christlichen Glaubens angelegt hatte. In akribischer Feinarbeit wurde aus den nachgelassenen Fragmenten 1670 die sogenannte Port-Royal-Ausgabe, die 1710 erstmalig ins Deutsche übersetzt wurde. Diese Ausgabe folgt der Übersetzung von Karl Adolf Blech von 1840.
246 Seiten, 9.80 Euro
Buchempfehlung
Zwischen 1804 und 1815 ist Heidelberg das intellektuelle Zentrum einer Bewegung, die sich von dort aus in der Welt verbreitet. Individuelles Erleben von Idylle und Harmonie, die Innerlichkeit der Seele sind die zentralen Themen der Hochromantik als Gegenbewegung zur von der Antike inspirierten Klassik und der vernunftgetriebenen Aufklärung. Acht der ganz großen Erzählungen der Hochromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe zusammengestellt.
390 Seiten, 19.80 Euro