Frühlingsbilder

[4] Mit grausem Getümmel

Verschwunden vom Himmel

Sind Wolken voll Nacht;

Den Seen und den Flüssen

In strömenden Güssen

Zum Opfer gebracht!


O Jubel! o Wonne!

Nun kehren der Sonne

Verherrlichtem Blick

Erwachen und Leben,

Verjüngen und Streben

Und Liebe zurück!


Nun keimen und sprossen,

Von Glanz übergossen,

Die Blätter hervor;

Nun rauschen der Quellen

Entwinterte Wellen

Durch wankendes Rohr.


O seht nur, wie Flore

Dem summenden Chore

Der Bienen schon winkt!

O seht nur, aus welchen

Berauschenden Kelchen

Der Schmetterling trinkt!


Die Freude flog wieder

Auf buntem Gefieder

Den Sterblichen zu;

Ihr himmlisches Walten

Verwischte die Falten

Der Stirnen im Nu!
[5]

Vom einsamen Rädchen

Entführt sie die Mädchen

Des Dorfes zum Hain,

Und wirbelt in grünen

Gebüschen mit ihnen

Den ländlichen Reihn!


Begeistert den Zecher,

Beim funkelnden Becher,

Zu Liedern und Scherz;

Haucht Liebe den Blöden,

Haucht Liebe den Spröden

Allmächtig ins Herz!


Da taumeln die Stunden,

Mit Rosen umwunden,

Bacchantisch vorbei!

Und Jubel ertönen:

Es leben die Schönen!

Es lebe der Mai!

Quelle:
Friedrich Matthisson: Gedichte, Band 1, Tübingen 1912, S. 4-6.
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Reigen

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Die 1897 entstandene Komödie ließ Arthur Schnitzler 1900 in einer auf 200 Exemplare begrenzten Privatauflage drucken, das öffentliche Erscheinen hielt er für vorläufig ausgeschlossen. Und in der Tat verursachte die Uraufführung, die 1920 auf Drängen von Max Reinhardt im Berliner Kleinen Schauspielhaus stattfand, den größten Theaterskandal des 20. Jahrhunderts. Es kam zu öffentlichen Krawallen und zum Prozess gegen die Schauspieler. Schnitzler untersagte weitere Aufführungen und erst nach dem Tode seines Sohnes und Erben Heinrich kam das Stück 1982 wieder auf die Bühne. Der Reigen besteht aus zehn aneinander gereihten Dialogen zwischen einer Frau und einem Mann, die jeweils mit ihrer sexuellen Vereinigung schließen. Für den nächsten Dialog wird ein Partner ausgetauscht indem die verbleibende Figur der neuen die Hand reicht. So entsteht ein Reigen durch die gesamte Gesellschaft, der sich schließt als die letzte Figur mit der ersten in Kontakt tritt.

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