An eine Rosenknospe

[224] Schönste Rosenknospe dieser Flur!

Unter Nachtigallgesang entblühe,

Bei des goldnen Maitags leiser Frühe,

Still im Schooße ländlicher Natur.


Sicher, gleich dem Hesperidenhain,

Ruhvoll, wie Arkadiens Gefilde,

Ein Elysium an Frühlingsmilde,

Müsse dein umschirmtes Gärtchen seyn.


Nur von zarter Nymfen Hand berührt

Prang' empor in keuscher Jugendröthe,

Bis auch dich dem heimatlichen Beete

Edler Blumen Loos, o Hold', entführt.


Wonne dann, im reinen Götterlicht

Schöner Männlichkeit, dem Erdensohne,

Der, umgrünt von Amors Mirtenkrone,

Dich den Grazien zum Opfer bricht!

Quelle:
Friedrich Matthisson: Gedichte, Band 1, Tübingen 1912, S. 224-225.
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