Der Einsiedler

[223] An die Fürstin von Dessau.


1792.


Wo der See, mit grüner Welle,

Dumpf der moosbedeckten Zelle[223]

Schroffe Klippenwehr umschäumt,

Hallt dein Nam', in stiller Feier,

Wenn der Berge Silberschleier

Sich mit Abendgold besäumt.


Der Gewährung Stunde segnet

Da sein Auge dir begegnet

Hier ein grauer Eremit,

Dessen Brust, im freien Schooße

Wilder Felsen, für das Große,

Schön' und Gute reiner glüht.


Wann der Alpen Riesengipfel,

Wann des kleinen Landhofs Wipfel

Sanft gewiegt im Vollmondschein,

Und des Seewalds Buchenhallen

Deinem Blick vorüberwallen,

Edle! dann gedenk' auch sein.


Der Erinnrung soll im Gärtchen,

Vor der Klause Weidenpförtchen,

Ein Altar sich fromm erhöhn;

Da wird einst am Flutenspiegel

Ueber des Entschlafnen Hügel

Einsam die Zipresse wehn.


Selig, selig sey dein Leben,

Selig dein Hinüberschweben

Zu verwandter Geister Chor!

Walle spät, im Sternenkranze,

Hoher Geist, von Glanz zu Glanze,

Aus dem Nebelthal empor.

Quelle:
Friedrich Matthisson: Gedichte, Band 1, Tübingen 1912, S. 223-224.
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