Erinnerungen

[218] Am Seegestad', in lauen Vollmondnächten,

Denk' ich nur dich;

Zu deines Namens goldnem Zug verflechten

Die Sterne sich.


Die Wildniß glänzt in ungewohnter Helle,

Von dir erfüllt;

Auf jedes Blatt, in jede Schattenquelle

Malt sich dein Bild.
[218]

Gern weil' ich, Grazie, wo du den Hügel

Hinabgeschwebt,

Leicht wie ein Rosenblatt auf Zefyrs Flügel

Vorüberbebt.


Am Hüttchen dort bekränzt ich dir umflossen

Von Abendglut,

Mit Immergrün und jungen Blütensprossen

Den Halmenhut.


Bei jedem Lichtwurm, in den Felsenstücken,

Als ob die Feen

Da Tänze webten, riefst du voll Entzücken:

Wie schön! wie schön!


Wohin ich blick' und geh', erblick' ich immer

Den Wiesenplan,

Wo wir der Berge Schnee mit Purpurschimmer

Beleuchtet sahn.


Ihr schmelzend Mailied weinte Filomele

Im Uferhain;

Da fleht' ich dir, im Blick die ganze Seele:

Gedenke mein!

Quelle:
Friedrich Matthisson: Gedichte, Band 1, Tübingen 1912, S. 218-219.
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