Beruhigung

[113] Wo des Mondes bleicher Schimmer

Durch der Kiefern Dunkel blickt,

Wo um wildes Felsgetrümmer

Sich die Efeuranke strickt;

Wo des Nebels Todtenschleier

Sich um Herbstgesträuche dehnt;

Wo am trüben Erlenweiher

Dürres Rohr im Winde tönt;


Wo in schwarzen Alpenschlünden

Dumpf der Bergstrom wiederhallt,[113]

Wo, ein Spiel den Abendwinden,

Welkes Laub auf Gräber wallt:

Da, da wandelt, von der Thoren

Eitler Schimmerbühne fern,

Schwermut! der den du erkohren,

Unter Ahndungsträumen, gern.


Da erfüllt ein stilles Sehnen

Nach des Grabes Ruh' sein Herz;

Da ergießt in heissen Thränen

Sich der Seele banger Schmerz,

Und sein Blick durchschaut die trübe

Zukunft ruhig bis ans Grab,

Und es ruft: Gott ist die Liebe!

Jeder Stern auf ihn herab.

Quelle:
Friedrich Matthisson: Gedichte, Band 1, Tübingen 1912, S. 113-114.
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