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[134] Die Vorigen. Der Zug der Gäste.
Voran vier Fackelträger, welche ihre bis zum Schluß nötigen Fackeln an Ort und Stelle zu bringen und sich dann zu entfernen haben. Nach ihnen der schwarze Vorbeter als Zeremonienmeister. Hinter ihm die Musik. Hierauf die Scheike der acht Stämme, auf deren Beistand Abū Kitāl so sicher rechnet. Diesem folgen die bereits bekannten Aeltesten der Ān'allāh mit allen den Personen, die bei der Nachmittagsberatung die Staffage bildeten.
Der Scheik steht in stolzer Haltung am Throne, die Peitsche in der Hand. Die acht Anführer bleiben im Hintergrunde stehen. Der Schwarze schreitet würdevoll bis dorthin, wo ihre Kissen liegen, um dann jedem Einzelnen von ihnen seinen Platz anzuweisen. Ist dies geschehen, so entfernt er sich, um später zum Gebete wieder zu kommen. Die Aeltesten suchen zwar sofort ihre Plätze auf, setzen sich aber nicht eher, als bis die acht Scheike sich alle niedergelassen haben. Die Musik macht mit den Uebrigen die Runde und stellt sich wie am Nachmittage auf. Dann gibt der Scheik das Zeichen, still zu sein.
SCHEIK.
Ich bin Abū Kitāl, des Kampfes Vater,
Der Scheik der Beduinen Ān'allāh,
Und heiße euch willkommen.
Winkt nach den Sitzen.
Nehmet Platz!
ERSTER SCHEIK vortretend.
Ich bin der Scheik der tapfern Hāïnīn
Und grüße dich!
SCHEIK.
Ich danke dir, o Scheik!
Der Gast bekommt vom Vorbeter sein Kissen angewiesen und setzt sich.[134]
ZWEITER SCHEIK tritt vor.
Ich kommandiere die Munāfikīn
Und grüße dich!
SCHEIK.
Ich danke dir, o Scheik!
Der Gast bekommt vom Vorbeter sein Kissen angewiesen und setzt sich.
DRITTER SCHEIK.
Ich bin der Scheik des Stammes Gēr Amīn
Und grüße dich!
SCHEIK.
Ich danke dir, o Scheik!
Der Gast bekommt vom Vorbeter sein Kissen angewiesen und setzt sich.
VIERTER SCHEIK.
Ich bin der Scheik der treuen Bēni Hār
Und grüße dich ergebenst!
SCHEIK.
Danke, danke!
Der Gast bekommt u.s.w.
FÜNFTER SCHEIK.
Ich bin der Scheik der Stämme der Schukūk
Und grüße dich von ihnen!
SCHEIK.
Meinen Dank!
Der Gast bekommt u.s.w.
SECHSTER SCHEIK.
Ich bin der Scheik des Stammes Ūkalā
Und sage meinen Gruß!
SCHEIK.
Ich lobe dich!
Der Gast bekommt u.s.w.[135]
SIEBENTER SCHEIK.
Ich bin der Scheik der Stämme der Schuttār
Und bringe ihren Gruß!
SCHEIK.
Ich rühme dich!
Der Gast bekommt u.s.w.
ACHTER SCHEIK.
Ich bin der Scheik des Stammes Hūkamā;
Er grüßt Abū Kitāl!
SCHEIK.
Ich preise dich!
Der Gast bekommt u.s.w.
IMĀM.
Ich bin der heilge Glaube, der Imām!
Setzt sich.
KĀDI.
Ich bin der Kādi, die Gerechtigkeit!
Setzt sich.
BABEL.
Ich bin die Wissenschaft und heiße Babel.
Setzt sich auf seinen Platz.
HĀKAWĀTI richtet sich mit Hilfe von Schēfakā von seinem Sitze auf.
Ich bin das Märchen; weiter bin ich nichts!
Setzt sich wieder nieder.
Der Scheik der Todeskarawane macht hier und da den Versuch, einen Platz zu bekommen, wird aber überall so scheel angesehen, daß er es vorzieht, weiterzugehen. Da nimmt Schēfakā ihn resolut bei der Hand, führt ihn nach dem Zelte, schlägt den Vorhang der Männerabteilung zurück und weist ihm da einen besseren Sitz an, als er da außen hätte finden können. Er sitzt da wie auf einer herrschaftlichen Tribüne, von der aus er Alles überschauen kann. Zu gleicher Zeit wird nebenan auch die Gardine der Frauenabteilung zurückgeschlagen, und man sieht die Phantasie und die Bibel, welche der Beratung zuschauen wollen. Letztere ist verschleiert, und zwar so, daß der leichte, weiße Stoff die ganze Gestalt umhüllt und man nicht bemerkt, daß sie jetzt an Schēfakā's Stelle das sogenannte »Gewand der Seele« trägt, also den Schmuck, den, wie der Scheik sich ausdrückte, »einst Bēnt'ullāh in heiligen Stunden trug.«)
[136] So haben also grad diejenigen drei Personen den Eingang zum Turm der Ān'allāh ausgeantwortet bekommen, denen er durch den geplanten, blutigen Krieg verwehrt werden soll. Und der »Vater des Kampfes« hat inzwischen gesprochen und spricht weiter, ohne von diesen drei Personen im Zelte hinter sich Notiz zu nehmen.
SCHEIK.
Noch einmal rufe ich euch zu: »Willkommen!«
Und sage Dank für euer Hiererscheinen.
Im Lager drüben wird das Mahl bereitet.
Inzwischen werde der Tschibuk gereicht
Und die Beratung pünktlich vorgenommen;
Nach dem Himmel zeigend.
Das Firmament steht grad auf Mitternacht.
Doch, solltet ihr vielleicht ermüdet sein – – –
ERSTER SCHEIK einfallend.
O nein!
ZWEITER SCHEIK.
O nein!
DRITTER SCHEIK.
Beginne nur!
VIERTER SCHEIK.
Beginne!
SCHEIK.
Um was es sich hier handelt, wißt ihr schon;
Ihr seid durch meine Boten unterrichtet.
Doch soll der Fall noch klar beleuchtet werden,
Von dem Imām, von Babel und von mir,
Und Jeder wird nach seinem Stande sprechen,
Um euch die heilgen Rechte zu erklären,
Die wir auf unser Morgenland besitzen,
Und darauf folgend auch die heilge Pflicht,
Das Abendland mit seinem Christentum[137]
Wenn nötig, mit Gewalt zurückzuweisen.
Es spreche der Imām!
FÜNFTER SCHEIK.
Er spreche!
ALLE durcheinander.
Er spreche!
IMĀM erhebt sich von seinem Platze und geht nach dem »Teppich der Rede«.
Ich spreche hier als unser heilger Glaube,
Der im Kurān zur Erde niederkam,
Um uns den Weg zum Paradies zu zeigen.
Es gibt für uns nur diesen einen Weg.
Wir nennen ihn den heiligen Islām,
Der für die Erde Kraft und Tapferkeit,
Für später Glauben und Ergebung fordert.
Er war verkündet schon den ersten Menschen.
Die großen Väter und Propheten alle,
Von denen uns die heilge Schrift erzählt,
Versuchten, ihn zu lehren und zu wandeln,
Doch, was sie fanden, war die Richtung nur;
Der Pfad an sich blieb ihnen stets verborgen.
. . . . . . . . . . . . .
Da kam der mächtigste der Vorverkünder,
Der Wunder ohne Gleichen sprechen ließ,
Ich meine Īsa1, den Marien-Sohn,
Der sah den Weg, doch ging er stolz vorüber.
Er ragte hoch in die Unendlichkeit,
Und seine Füße schritten über Sterne.
»Mein Reich ist nicht von dieser Welt,« sprach er.
Der weiter dachte, als an Paradiese;
Dann stieg er über Grab und Tod hinaus,[138]
Hinauf zu dem, den Niemand je erreicht.
Das war der messianische Verzicht
Auf jedes Schollenrecht an diese Erde,
Und wer nicht stark genug ist, zu entsagen,
Der sei auch nicht so kühn, sich Christ zu nennen!
. . . . . . . . . . . . .
Für uns steht Īsa Himmelreich zu hoch,
Als daß wir es im Sprung erreichen möchten.
Wir gehn den Weg, der keine Flügel fordert,
Den alten Weg der Väter und Propheten,
Den Īsa nur als Gottes Sohn vermied
Und den Muhāmmad dann nach ihm betrat,
Damit Allāh für seine Menschenkinder
Nicht als Phantom nur in den Lüften schwebe.
Der Eine predigt abgeklärten Geistern;
Der Andre wird den Lebenden gerecht,
Indem er den granitnen Sockel baut,
Auf dem der Glaube festen Halt gewinnt,
Um seine Hand nach oben auszustrecken.
Für Sterbliche ist Īsa Himmelreich
Nicht ohne Erdenfundament zu denken,
Und dieses Fundament ist der Islām,
Der Gottes Reich auf strenge Felsen baut,
Damit der Himmel nicht zusammenbreche.
. . . . . . . . . . . . .
So wollen wir denn mit der Christenheit
Im Sinne ihres Welterlösers teilen:
Für sie das ganze, ganze Himmelreich
Mit Allem, was da oben strahlt und schimmert;
Für uns sei nur die winzig kleine Erde,
Die jeder Christ als Jammertal bezeichnet,
Aus dem das ewige Verderben gähne.
Dies Jammertal ist unser Paradies,[139]
Und dies Verderben unsre Seligkeit.
Ihr hört, ihr meine tapfern Ān'allāh:
Für sie den Himmel und für uns die Hölle!
Das müssen doch selbst sie bescheiden nennen!
Ihr seid mit dieser Teilung einverstanden?
SCHEIK als Vorstimme der Andern.
Für sie den Himmel und für uns die Hölle!
ERSTER SCHEIK.
Für sie den Himmel!
ZWEITER SCHEIK.
Für sie den Himmel!
DRITTER SCHEIK.
Für sie den Himmel!
VIERTER SCHEIK.
Für sie den Himmel!
FÜNFTER SCHEIK.
Für uns die Hölle!
SECHSTER SCHEIK.
Für uns die Hölle!
SIEBENTER SCHEIK.
Für uns die Hölle!
ACHTER SCHEIK.
Für uns die Hölle!
IMĀM.
Ich danke euch, ihr Tapfern, danke euch!
Es ist der Stolz des Stammes Ān'allāh – – –
ERSTER SCHEIK fällt da schnell ein.
Nur Euer Stolz?[140]
ZWEITER SCHEIK.
Nur Euer Stolz?
DIE ÜBRIGEN SCHEIKE durcheinander.
Nur Euer Stolz?
IMĀM sieht ein, daß er unvorsichtig war, winkt ihnen begütigend zu und fährt fort.
Daß er den Himmel für die Hölle gibt
Und diese Hölle dann zum Himmel macht,
Damit sogar der Teufel selig werde.
Denn dieser war der erste aller Sünder
Und sei nun auch der erste der Erlösten.
Das ist ein Werk für harte, schwere Fäuste,
Die unerbittlich dreinzuschlagen wissen,
Und wenn der Christ, anstatt Verzicht zu leisten,
Uns auch das Jammertal noch nehmen will,
So soll er diese Fäuste kennen lernen.
Wir sind bereit! Wir werden mit ihm fertig!
ERSTER AELTESTER.
Wir sind bereit!
ZWEITER AELTESTER.
Wir sind bereit!
DRITTER AELTESTER.
Wir sind bereit!
ALLE durcheinander.
Wir sind bereit!
ERSTER SCHEIK.
Wir werden mit ihm fertig!
ZWEITER SCHEIK.
Wir werden mit ihm fertig!
ALLE durcheinander.
Wir werden mit ihm fertig!
[141] Waffengeklirr, Lärm der Instrumente und die bekannten Interjektionen. Während dieses Lärmes verläßt der Imām den »Teppich der Rede«, um an seinen Platz zurückzukehren, und Babel tritt an seine Stelle.
SCHEIK mit der Peitsche auf den Imām deutend.
Das war der Glaube, der gesprochen hat.
Auf Babel zeigend.
Nun kommt die Wissenschaft. Und dann – – –
Klatschend.
komm ich!
BABEL.
Es ist verbrieft durch alte Pergamente,
Durch ausgegrabene Papyrusrollen,
Durch mündlich überlieferte Geschichten,
Durch Steine, Platten, Ziegel und Zylinder,
Sogar durch heilge Offenbarungsschriften,
Daß lange vor Beginn der Völkerzeiten
Ein Stamm von Riesen auf der Erde wohnte,
Deß Name lautete: »Ich bin wie Gott!«
Das waren wir, die heutgen Ān'allāh.
Der Name ist der sicherste Beweis,
Doch gibt es auch noch andere Belege,
Die wissenschaftlich streng geordnet sind
Und sich
Nach dem Turm deutend.
in unserm Schatz, im Turm befinden.
Wir bauten damals Stadt und Festung Babel,
Dazu den Turm, der bis zum Himmel reichte,
Denn Babel heißt »Thor Gottes«, nicht »Verwirrung«.
Die Stadt wuchs sich zum großen Reiche aus,
Die Menschen aber wurden immer kleiner.
Der Riese wohne in der Einsamkeit;
Am Markt des Lebens muß er schnell verzwergen.
Wir waren nicht zur Winzigkeit bestimmt,[142]
Verschenkten Stadt und Reich an arme Leute
Und zogen fort, zurück in unsre Wüste – – –
SCHEIK stolz.
Verschenkten Stadt und Reich an arme Leute – – –
Gibt ein Zeichen, diese Worte nachzusprechen.
ALLE jubelnd, unisono.
Verschenkten Stadt und Reich an arme Leute – – –
SCHEIK.
Und zogen fort, zurück in unsre Wüste!
Gibt dasselbe Zeichen.
ALLE wie oben.
Und zogen fort, zurück in unsre Wüste!
SCHEIK hebt die Arme, schaut begeistert empor.
Wie groß von euch, ihr meine Ān'allāh,
Groß wie der Turm, der bis zum Himmel ragte!
Schaut nicht herab zu uns, um uns zu messen,
Doch bietet mir ein Reich wie Babylon
Und hier dagegen diese eure Größe,
So schwör ich euch, ich gehe und verzichte!
PHANTASIE von ihrem Sitz im Zelt aufstehend, hebt warnend den Arm.
Du schwörst, o Scheik!
SCHEIK dreht sich nach ihr um, bestätigend.
Ich schwöre!
BABEL ihn bewundernd.
Groß wie immer!
PHANTASIE.
Wie nun, wenn dich Allāh beim Worte nähme?![143]
SCHEIK.
So würde ich es halten!
Zu Babel.
Babel, weiter!
BABEL.
Das war vor vielen, vielen tausend Jahren.
Nun kehren aus der Wüste wir zurück,
Um nach dem Turm der Ān'allāh zu schauen.
Wir fragen diese Zeit; sie aber schweigt;
Sie senkt das Haupt und deutet auf Ruinen.
Der Völker keins war dieses Baues würdig.
Das Höchste, was die Menschheit je erdachte,
Erreichte kaum die erste seiner Stufen.
Da fuhr der Herr in seinem Zorn herab;
Der Riese fiel zerschmettert vor ihm nieder,
Und Weltenreiche brachen unter ihm.
Sein Körper löste sich in Schutt und Trümmer,
Doch der Gedanke, der ihm innewohnte,
Der Geist also, stammt von uns Ān'allāh
Und soll im neuen Leibe neu sich strecken,
An ganz demselben Ort, an dem er stand,
Doch nicht gekleidet in denselben Staub,
Der ihn den Zwergen unbegreiflich machte.
Nicht wieder baun wir ihn aus Schlammgefüge,
O nein, granitne Taten brechen wir
Aus dem Gestein der harten Gegenwart
Und türmen sie zum höchsten Himmel auf.
Bricht dann auch dieses zweite Werk zusammen,
So mag Allāh der Zukunft sich erbarmen,
Denn Besseres als Taten gibt es nicht!
SCHEIK die Hände hochhebend und das Zeichen gebend, diese Worte nachzusprechen.
Denn Besseres als Taten – – –[144]
ALLE unisono, wuchtig.
Gibt es nicht!
BABEL vom »Teppich der Rede« nach seinem Platze zurückkehrend.
Und dieses Beste wollen wir vollbringen!
SCHEIK.
Wir wollen baun!
IMĀM.
Wir wollen wieder baun!
BABEL.
Nicht einen Turm für heidnische Idole!
IMĀM.
Nicht eine Warte für den Sternendienst!
KĀDI.
Nicht für Allāh ein luftig Hirngespinst!
SCHEIK.
Und doch für ihn, weil für sein Ebenbild!
Wir wollen baun für den, den er sich dachte,
Als er beschloß: »Laßt uns den Menschen machen!«
BABEL.
Wir wollen baun für den Erwarteten,
Von dem die Weisen aller Länder sagen,
Daß er zwar spät, doch sicher kommen werde!
SCHEIK.
Ein Weltenreich!
IMĀM.
Das größte aller Zeiten!
BABEL.
Weil es von Pol zu Pol sich strecken soll![145]
SCHEIK.
Für den ersehnten, wahren Erdenherrscher,
Der Geist besitzt, genug für alle Andern,
Und Fäuste,
Die seinen vorzeigend.
um Gebirge zu zerbrechen!
IMĀM.
Den Held und Hort, den Riesen des Islām!
KĀDI.
Den Ān'allāh, den wahren Ān'allāh!
Hier stutzen die acht Scheike, und ihre Begeisterung fällt schnell zusammen.
SCHEIK.
Der uns das Morgenland zu Füßen legt,
Und dann die ganze andre Welt erobert!
Wie klangen doch die fremden Völkerstimmen?
Wer weiß es noch?
IMĀM.
Wir Alle!
KĀDI.
Alle!
ALLE ĀN'ALLĀH durcheinander.
Alle!
SCHEIK.
»Amerika – – –«
ALLE ĀN'ALLĀH unisono.
»Nur für Amerika!«
SCHEIK.
»Der gelbe Osten – – –«
ALLE ĀN'ALLĀH unisono.
»Für die gelbe Rasse!«[146]
SCHEIK.
»Europa, wahre – – –«
ALLE ĀN'ALLĀH unisono.
»Deine heilgen Güter!«
SCHEIK.
Und unsre Antwort? Wißt ihr, wie sie lautet?
»Das Morgenland – – –«
ALLE ĀN'ALLĀH unisono.
»Nur für die Ān'allāh!«
SCHEIK erschrocken.
»O nein!«
BABEL ebenso erschrocken.
O nein!
IMĀM auch erschrocken.
O nein!
KĀDI.
Das ist ja falsch!
SCHEIK wiederholt, um zu verbessern.
»Das Morgenland – – –«
ALLE ĀN'ALLĀH blind und taub für ihren Fehler.
»Nur für die Ān'allāh!«
Großer Jubel bei den Ān'allāh, Tusch, Interjektionen. Die acht angeblich Verbündeten springen auf; sie verlassen ihre Plätze und treten von den Ān'allāh zurück. Da erst merken diese, daß sie so unbesonnen gewesen sind, sich selbst zu verraten. Der Lärm verwandelt sich sofort in tiefe Stille, durch welche voll und scharf die Stimme der Phantasie erklingt.
PHANTASIE im Zelte, hoch aufgerichtet, die eigenen Worte des Scheikes wiederholend.
»Sie läßt den Gegner Zug um Zug gewinnen,
Bis fast zuletzt; dann aber greift sie ein,
Läßt Schlag auf Schlag und Stoß auf Stoß erfolgen[147]
Und haut ihn endlich māt zu Boden nieder.
Das ist ihr Trick, an dem man sie erkennt!«
SCHEIK in zorniger Verwirrung.
Was sollen diese meine Worte? Sprich!
PHANTASIE.
Bisher hast du gewonnen, Zug um Zug;
Gib Acht, die Hexe kommt!
SCHEIK DER TODESKARAWANE.
Man spürt sie schon!
ERSTER SCHEIK der von dem tieferen Sinne dieser Plänkelei keine Ahnung hat, in kaltem, schneidendem Tone zum Scheik.
»Das Morgenland nur für die Ān'allāh!«
Was dann für uns?
ZWEITER SCHEIK.
Was dann für uns?
DRITTER BIS ACHTER SCHEIK durcheinander.
Was dann für uns?
ERSTER SCHEIK.
Der Bettelstab! Wohl gar die Sklaverei!
ZWEITER SCHEIK.
Der Bettelstab!
DRITTER SCHEIK.
Der Bettelstab!
VIERTER SCHEIK.
Der Bettelstab!
FÜNFTER BIS ACHTER SCHEIK durcheinander.
Der Bettelstab!
[148] ZWEITER SCHEIK.
Wohl gar die Sklaverei!
DRITTER SCHEIK.
Wohl gar die Sklaverei!
VIERTER BIS ACHTER SCHEIK durcheinander.
Wohl gar die Sklaverei!
SCHEIK höchst verlegen.
Es war ein Fehler, ein Versehen nur!
IMĀM beistimmend.
Ein Fehler!
KĀDI.
Ein Versehen! Ein – – –
ERSTER SCHEIK scharf, ihm das Wort abschneidend.
Wir wissen!
Zum Scheik.
Leb wohl, ersehnter, wahrer Erdenherrscher!
Geht fort, während draußen die Gebetsbretter geläutet werden.
ZWEITER SCHEIK zum Scheik.
Der Geist besitzt, genug für alle Andern!
Geht fort.
DRITTER SCHEIK zum Scheik.
Du Held und Hort!
Geht.
VIERTER SCHEIK zum Scheik.
Du Riese des Islām!
Schickt sich auch zum Gehen an.
SCHEIK den diese plötzliche Absage wie ein Schlag auf den Kopf trifft.
Warum – – – wieso – – – das ist – – – sie wollen fort!
Springt vor und faßt den vierten Scheik, um ihn zurückzuhalten, wobei die Stimme des Vorbeters schon nahe hinter der Szene zu hören ist.
Du bleibst – – – du bleibst! Ich will es – – – ich befehle![149]
VIERTER SCHEIK.
Befehlen willst du? Mir? Dem Bēni Hār?
Fahr hin, du Knabe! Lerne erst gehorchen!
Schleudert ihn von sich und geht. Der Scheik taumelt einige Schritte zurück und strauchelt dann nieder. Er ist über diese Niederlage so perplex, daß
er das Aufstehen vergißt und fast tonlos vor sich hinzürnt.
SCHEIK.
Vergriffen hat er sich an mir! Vergriffen!
Zu Boden mich geschleudert! Mich!
SCHĒFAKĀ eilt herbei, um ihn zu unterstützen.
Steh auf!
PHANTASIE noch hoch und aufrecht im Zelte.
Nun hast du dir den König selbst entblößt – – –
Herunter mit dem Mantel von Elissa!
SCHEIK steht auf, noch ganz konfus, zur Phantasie.
Wie meinst du das?
SCHĒFAKĀ.
Sei still! Der Schwarze kommt!
Führt ihn nach seinem Throne, auf den er sich, wie bewußtlos, niederläßt.[150]
1 Jesus.
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Babel und Bibel
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