Dritter Auftritt.

[15] SILVIA allein. Was das für ein hartnäckigter Schmerz ist! Dieses unaufhörliche Weinen verdrießt und jammert mich. Ich bitte, ich rathe, ich schelte, ich schmeichle, und alle Mühe ist vergeblich. Aber das sonderbarste Räthsel ist, daß, so oft ich sie trösten will, ihre Thränen häufiger fließen, und ich selber weinen muß. Ich will ihr wenigstens nachgehn .... Sie wird ein Schiff gewahr. Aber ... was erhebt sich dort aufdem Meer für ein unbekannter Klumpen? Ein Fels ist es nicht. Ein Stein könnte sich ja nicht von seinem Platz bewegen. Und ein so großes Ungeheuer, wie es so leicht geht! Das durchschnittene Wasser schäumt hinter ihm! In keinem Lauf entflieht es fast dem Blick; es hat Flügel am Rücken, und schwimmt und fliegt zugleich. Ich will zur Konstanzia gehn; die wird wissen, ob es ein bekannter Bewohner des ungetreuen Elements ist, und wenigstens ... Wehe mir! Da sind Leute am Ufer. Was thu ich? Wer rettet mich? Ach! ... ich bin so ... voll Angst. .. daß ich kaum die Kraft habe ... zu fliehen ... oder mich zu verstecken. Sie verbirgt sich im Gebüsch.


Quelle:
Haydn, Joseph: Die unbewohnte Insel. Berlin 1786, S. 15-17.
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