Der Daxelhofen

[219] Den Hauptmann Daxelhofen

Bestaunten in der Stadt Paris

Die Kinder und die Zofen

Um seines blonden Bartes Vlies –

Prinz Condé zog zu Felde,

Der Hauptmann Daxelhofen auch,

Da fuhr am Bord der Schelde

Der Blitz und quoll der Pulverrauch.
[219]

Die Lilienbanner hoben

Sich sachte weg aus Niederland

Und schoben sich und schoben

Tout doucement zum Rheinesstrand.

»Herr Prinz, welch köstlich Düften!

So duftet nur am Rhein der Wein!

Und dort der Turm in Lüften,

Herr Prinz, das ist doch Mainz am Rhein?


In meinem Pakt geschrieben

Steht: Ewig nimmer gegens Reich!

So steht's und ist geblieben

Und bleibt sich unverbrüchlich gleich!

Ich bin vom Schwabenstamme,

Bin auch ein Eidgenosse gut,

Und daß mich Gott verdamme,

Vergieß ich Deutscher deutsches Blut!


In Mainz als Feind zu rücken

Reißt mich kein Höllenteufel fort,

Betret ich dort die Brücken,

So sei mir Hand und Schlund verdorrt!

Nicht dürft ich mich bezechen

Mit frommen Christenleuten mehr!

Mein Waffen lieber brechen,

Als brechen Eid und Mannesehr!«


»La, la«, kirrt Condé, »ferner

Dient Ihr um Doppel-Tripellohn.«

Da bricht vorm Knie der Berner

In Stücke krachend sein Sponton,

Dem Prinzen wirft zu Füßen

Die beiden Trümmer er und spricht:

»Den König laß ich grüßen,

Das deutsche Reich befehd ich nicht!«


Quelle:
Conrad Ferdinand Meyer: Sämtliche Werke in zwei Bänden. Band 2, München 1968, S. 219-220.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Gedichte (Ausgabe 1892)
Gedichte.
Die schönsten Liebesgedichte (insel taschenbuch)
Ausgewählte Novellen / Gedichte (Fischer Klassik)
Gedichte: Apparat zu den Abteilungen III und IV
Gedichte: Apparat zu den Abteilungen VIII und IX. Nachträge, Verzeichnisse, Register zu den Bänden 1 bis 7