Wo bist du ...

[106] Wo bist du, süße Blume meiner Tage?

Ich strecke müde, glückverlangende Hände

nach deinem holden Kelche aus?

Wo bist du –

daß ich das keusche, sammetweiche Haupt

dir küsse?

Wo bist du –

daß der Falter meiner Seele

an deiner Blüte Staub

sich neu vergolde?

Ich dürste, hungere nach deinem Duft!

Wo birgst du deine Schönheit?

Welcher Garten des Paradieses

umfriedet deine Pracht?

Wo bist du – bist du –

süße Blume meiner Tage?

Quelle:
Christian Morgenstern: Sämtliche Dichtungen. Abteilung 1, Band 3, Basel 1971–1973, S. 106-107.
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