10. Auftritt.

[20] Bertha. Scheffler.


BERTHA von links – im ernsten Tone. Verzeihe –

SCHEFFLER. Was hätte ich zu verzeihen –?

BERTHA. Daß ich Dein Zimmer betrete – ich hatte vorhin hier etwas liegen lassen. Sucht auf dem Tisch links.

SCHEFFLER für sich. Dieser kalte gemessene Ton – Indem er sie betrachtet. und doch ist sie so hübsch – auch mit dem Ernst in dem lieben Gesicht. – Am liebsten möcht' ich ihr um dem Hals fallen. –

BERTHA für sich. Ich hoffte, er würde mir entgegenkommen – aber er bleibt starr und eigensinnig.

SCHEFFLER für sich. Und nun ist der Unglücksmensch im Nebenzimmer – wenn er herauskäme – es würde sie noch mehr reizen.

BERTHA. Er rührt sich nicht – auch gut – ich thue keinen Schritt entgegen. Sieht die Reisetasche von Steinkirch. Was ist denn das dort –[20]

SCHEFFLER. Oh weh! Das? – Eine Reisetasche!

BERTHA. Willst Du auch verreisen?

SCHEFFLER. Nein – aber – Bei Seite. was sag' ich nur Laut. es ist – ich habe – da im Nebenzimmer –

BERTHA. Ich verstehe nicht, was Du sagen willst?

SCHEFFLER. Ich theilte Dir schon mit, daß ich einen neuen Schreiber anstellen muß – er ist angekommen.

BERTHA. Das ist ja gut!

SCHEFFLER. Er ist da drin – da –

BERTHA. So – nun –? Sieht ihn verwundert an.

SCHEFFLER. Der Wirth hatte mir versprochen, im dritten Stock für ihn eine Stube abzutreten – ich wollte eben sehn, ob dieselbe für ihn in Ordnung ist. Trocknet sich die Stirn.

BERTHA. Laß Dich nicht abhalten.

SCHEFFLER. Die Sache ist in wenigen Minuten abgethan! – Bei Seite, im Abgehen. Oh! Oh! – Ab durch die Mitte.

BERTHA. Ist es wohl erhört?! An meinen Kummer, meinen Schmerz denkt er nicht – aber das Zimmer für seinen Schreiber – das scheint ihm von der größten Wichtigkeit. Oh – sie verdienen es nicht, diese Männer, daß wir unsere Liebe an sie verschwenden – hart – sehr hart ist es, hinter den Schreiber rangirt zu werden. Weint.


Quelle:
Gustav von Moser: Lustspiele. Band 1, Berlin 1873, S. 20-21.
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