Vierter Auftritt.

[491] Silvander als ein Schifscapitain.

Mops als ein Marros.


SILVANDER.

Gewiß.

MOPS lachend.

Herr, seyd kein Narr! da? eine Schäferinn?

Ihr seyd nicht klug, wenn ich nicht gar begöckelt bin.

SILVANDER.

Ja, eine Schäferinn.

MOPS.

Lernt mich nur Schäfer kennen,

Lernt ihr die Sachen erst bey ihren Namen nennen,

Habt ihr Zeit Lebens denn nicht Schaafe weiden sehn?

SILVANDER.

O! ja.

MOPS.

Nun, kleiden sich die Schäfer denn so schön?

Es ist ja Bauernvolk, schwarz, tölpisch in Geberden,

Und wenn sie hurtig gehn, so traben sie gleich Pferden.

Aus Leinwand, Friß und Filz besteht ihr ganzer Staat;

Ich bin ein Schäfers Sohn.

SILVANDER.

Du irrest in der That.[491]

MOPS.

So? könnt ihr mir genau, von wem ich stamme, sagen?

Wer war mein Vater denn? verzeiht mir diese Fragen.

SILVANDER.

Du irrest sag ich dir, wenn du die Schäfer nennst,

Die du als Schäferssohn von deiner Kindheit kennst,

Die nur so schlecht und dumm wie ihre Schaafe leben,

Und von der Menschheit kaum ein Zeichen von sich geben.

Schaafknechte sinds.

MOPS.

Ganz recht! man nennt sie auch also?

SILVANDER.

Ach! lieber Valentin, mein Unglück macht mich froh.

Ein Sturmwind trennte mich von den zerstreuten Schiffen,

Ach! hätte mich doch längst ein solcher Sturm ergriffen.

Und

MOPS.

Pfuy, was wünscht ihr, Herr?

SILVANDER.

Mein allergröstes Glück.

MOPS.

Ja, wünscht euch doch vielmehr auf euer Schif zurück.

Ihr als Schifscapitain könnt es ein Glück noch nennen,

Wenn Sturm und Wellen euch von eurem Schiffe trennen.

SILVANDER.

Schweig! dieses schöne Kind, das ich itzt gleich gesehn,

Macht, daß ich denk, es ist zu meinem Glück geschehn.[492]

MOPS.

So nehmt das Puppchen mit und sucht mit mir die Flotte.

Doch seht euch vor, vielleicht hat eine Räuber-Rotte

SILVANDER.

Ja, ja, ich nehm sie mit, doch anders nimmermehr,

Als wenn sie es erlaubt, ich liebe sie zu sehr,

Als ihr Gewalt zu thun

MOPS.

Ihr habt sie kaum erblicket,

Und seyd (ach! glaubt es nicht) so gleich in entzücket:

Das kann unmöglich seyn.

SILVANDER.

Und dennoch ist es wahr:

Allein, wie stell ich mich ihr liebenswürdig dar?

Bedenk ich – – halt! doch nein – – wie nenn ich mich

MOPS.

Leander!

SILVANDER.

Das weis ich.

MOPS.

Doch ihr fragt!

SILVANDER.

Ich heiße nun Silvander.

MOPS.

Silvander?

SILVANDER.

Ja, du sollst auch Valentin nicht seyn.[493]

MOPS.

Wie soll ich heißen?

SILVANDER.

Mops.

MOPS.

Warum nicht Budel? Nein!

Pfuy, schämt euch Herr! geht weg mit eurem Hundenamen.

SILVANDER.

Viel Schäfer hatten ihn, eh Hunde ihn bekamen.

MOPS.

Mops soll ich heißen? Mops? wie unser dicker Hund?

Nein, nein, mein Herr, ich steh vor euch hier nicht gesund

Ja – Herr – – ich – ja – ich will – – ja – ich entlauf, ich schwöre,

So bald – – so bald ich mich von euch Mops nennen höre,

Denn warlich ein Matros ist drum kein Hundevieh.

SILVANDER.

O nein! doch hörtest du in unsrer Sprache nie

Was wohl Silvander heißt?

MOPS.

Nein, nie. Was denn?

SILVANDER.

Der Teufel.

MOPS.

Nun, wenn ihr euch so nenn kann ich ohne Zweifel[494]

So lang ein Mopshund seyn, als ihr der Teufel seyd.

Doch länger warlich nicht! währt es noch lange Zeit?

SILVANDER.

Nein.

MOPS.

Ihr thut recht daran; mir graut für den Silvander;

Leander thut mir nichts, wir ändern miteinander

Die Namen dann zugleich.

SILVANDER.

Ja, das versprech ich dir:

Nun geh, mein lieber Mops! geschwind und suche mir

Die fremden Kleidungen, die ich jüngsthin bekommen,

Im Kuffer liegen sie, den wir ins Boot genommen,

Als wir uns retteten und den – – – Wer kömmt hieher?

Bleib da – – – in Schäfertracht?


Seufzend.


wenn es ihr Schäfer wär.


Quelle:
Christlob Mylius: Vermischte Schriften. Berlin 1754, S. 491-495.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von

Gedichte

Gedichte

»Was soll ich von deinen augen/ und den weissen brüsten sagen?/ Jene sind der Venus führer/ diese sind ihr sieges-wagen.«

224 Seiten, 11.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Dass das gelungen ist, zeigt Michael Holzingers Auswahl von neun Meistererzählungen aus der sogenannten Biedermeierzeit.

434 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon