16.


Blindheit aus Zorn.

[163] Einer der scharfsinnigsten praktischen Aerzte Deutschlands, der verstorbene Hofrath F. zu H., ein Funfziger von Geistesfähigkeit, und ein Zwanziger von Gemüthsbeweglichkeit, ward drei Jahre vor seinem Tode, während eines heftigen Anfalles von Zorn, plötzlich blind. Er erwartete eines Tages, da er sich zu einer feierlichen Schulhandlung[163] seines Sohnes anziehen wollte, mit rastloser Ungeduld die Ankunft seines zeitig bestellten Friseurs. Von Viertelstunde zu Viertelstunde nimmt die stürmische Unruhe in seiner Seele zu, sie steigt bis zur Wuth; nun schlägt die Glocke vier, die Anfangsstunde des Acts, der Kräuseler ist noch nicht da, der unangezogene Vater springt auf, stampft schaumend auf die Erde und – verschwunden ist in dem Moment das Gesicht von beiden Augen; verschwunden auf immer.


Hufelands Journal der praktischen Arzneikunde. 5. Band 2. Stück S. 275.

Quelle:
[Nebel, Ernst Ludwig Wilhelm:] Medicinisches Vademecum für lustige Aerzte und lustige Kranken [...] Theil 1–4, Frankfurt, Leipzig 1795 (Bd. 1), 1796 (Bd. 2); Berlin, Leipzig 1797 (Bd. 3); Berlin, Leipzig 1798 (Bd. 4), S. 163-164.
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