§ 19

[183] Deswegen stelt sich auch unsere vorliegende Teorie in sinlichem Gewande dar. Und so war es bei Kant, der mit seinen Anschauungs- und Denkformen, seinen »reinen« Verstandesbegriffen und apriorischen Kräften einen transzendenten Areopag sich vorstelte, der das ankommende sinliche Material ungeordneter »Affekzionen« ordnete und in seine Formen zwänge. So bei Descartes, einem unvergleichlichen Denker, ohne den wir heute nicht so weit wären, als wir sind, der für die »denkenden« und »ausgedehnten« Substanzen zwei Töpfe hatte, zwischen denen er sich, mit Recht, jede Kommunikazion verbat. Und so bei Spinoza, der mit geometrischem Materjal hantirte, und seine Flächen legte und schob. – Was wir verlangen, ist nicht Wissen –[183] denn wissen wir selbst etwas?– nur Glauben an das Schema, Bild, Figur, und Vertrauen in die Ehrlichkeit unserer Absicht.

Quelle:
Oskar Panizza: Die kriminelle Psychose, genannt Psichopatia criminalis. München 1978, S. 183-184.
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