|
[121] Auf Bello-Sguardo standen trauernd
Wir, still und stumm, im Abendschein',
Die Seelen in einander schauernd
Vom Weihekuß derselben Pein.
Erklungen war der Ruf zum Scheiden,
Des Schicksals unerbittlich Wort;
Ob Menschen jubeln, ob sie leiden,
Unaufgehalten schreitet's fort.
Ich starrte, wüst und qualversunken,
Indeß mein Herz im Busen brach,
Des Tages rasch versprüh'nden Funken,
Dem Untergang der Sonne nach.
[122]
Und in dem Abendroth erkannte
Ich, tief umstrickt von wachem Traum,
Das Flammenschwert, das mich verbannte
Aus kaum gefund'nen Edensraum!
Du sah'st mich zittern und erbleichen,
Und, folgend meines Denkens Lauf,
Sprachst du: »Sieh hoffend sie entweichen!
Nur schöner geht sie wieder auf!«
Ja! sie ersteht mit neuem Prangen,
Wie viel der Blumen, frostversehrt,
Verduftet auch und hingegangen,
Weil sie ihr wärmend Licht entbehrt!
Hinweg mit diesem Trost, der bange
Und drohend meine Brust durchbebt!
Weißt du, ob Ein's von uns die lange,
Die finst're Nacht auch überlebt?
Und mag das Günstigste geschehen,
Strahlt uns einst wieder Sonnenschein,
Wird ein dereinst'ges Wiedersehen
Denn auch ein Wiederfinden sein?
[123]
Jedweder forschende Gedanke,
Erkenntniß, welche neu entbrennt,
Ein Abgrund sind sie, eine Schranke,
Wodurch Getrennte mehr getrennt.
Der Fluch ist dieses, der hienieden
Die Schaar der Strebenden umflicht!
Hat sich erst Geist von Geist geschieden,
Bald findet Herz zum Herzen nicht!
Des Weisen Wort hallt ewig wieder:
»Die Asche wird nicht mehr zur Gluth!
Du tauchst zur Kühlung deine Glieder
Nicht zweimal in dieselbe Fluth!«