Ein Name

[128] O wann zerreißt der Nebelschleier,

Der Licht und Sonne mir entzieht?

Wann strahlet Auferstehungsfeier

Dem still in mir versargten Lied?

Wann kehrt von dunklen Irrefahrten

Zurück die Seele, bräutlich froh?

Wann wird die Wüste mir zum Garten?

Wann seh' ich dich, Ottavio?


In dieser einen Frage schwinden

Die andern alle, alle hin!

So schwänden mir im Wiederfinden

Des Lebens Gram und sein Gewinn,[129]

Denn meiner Tage Sonnenhelle

Mein lebenspendend Ostern, wo

Sich neu ergießt des Liedes Quelle

Du bist es, mein Ottavio!


Vergolten hast du mit Verderben

Die Liebe, die du nie erkannt,

Doch, wie des Pilgers, ist im Sterben,

Mein Antlitz dir noch zugewandt!

Und wie die welke Blüth' am Strauche

Vom Lenze spricht, der längst entfloh,

So tönt aus meinem letzten Hauche

Dein Name noch: Ottavio!

Quelle:
Betty Paoli: Neue Gedichte. Pest 21856, S. 128-130.
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