[171] Dein forschend in die Ferne Späh'n,
Glaub' mir, es wird dir wenig frommen!
Du kannst kein Gotteswort versteh'n,
Wenn du's nicht schon in dir vernommen.
Kein Geistesstrahl, der auf dich fällt,
Macht es vor deinen Blicken tagen,
Wenn nicht in deiner innern Welt
Du ahnend ihn schon längst getragen!
Von einem Wahn zum andern irrt,
Wer fremde Weisheit sich erkoren,
Denn eine neue Wahrheit wird
Mit jedem Menschen neu geboren.
[172]
Sie thront in deiner eig'nen Brust,
Es thut nicht Noth nach ihr zu rennen;
Allein der Sinne trüber Wust
Verhindert dich, sie zu erkennen.
Nur diesen Gegner, diesen nur,
Hast siegreich du zu überwinden,
Dann wirst du ihre Strahlenspur
In deiner tiefsten Seele finden.
Doch was ein And'rer sich errang,
Das kommt dir nimmermehr zu gute;
Echt ist nur das, was dir entsprang,
Was Blut von deinem eig'nen Blute.
Es kann dich keine fremde Hand
Zum Dienst der ernsten Göttin weihen:
Nur Jener weiß, der selbst erkannt,
Erkennen heißt: nur sich Befreien.