|
[13] Du kennst mein tiefstes Wesen nicht,
Und kennst den Zweck nicht meiner Sendung,
Verlangest du, daß mein Gedicht
Anstrebe freudige Vollendung.
Nein! Gott hat mich nicht ausgesandt
Und hat die Kraft mir nicht gegeben,
Um glorreich, mit geweihter Hand
Des Sieges Palmen zu erstreben.
In Marmor prange und in Erz,
Der Name deß, der sie erstritten.
Ich bin nichts weiter als ein Herz,
Das viel geliebt und viel gelitten.
[14]
Und meine ganze Poesie
Ist nur ein lautes Offenbaren
Von all den stillen Schmerzen, die
Des Weibes Seele kann erfahren.
Wohl wär' es doppelt schön und groß
Als starker Tröster zu erscheinen,
Doch ich, ach! ich verstehe bloß
Mit der bedrängten Schaar zu weinen. –
Was einst Johannes sprach, das spricht
Mein Herz ihm nach mit leisem Beben:
Ich selbst bin der Messias nicht
Und soll von ihm nur Zeugniß geben.
Das Licht, das läuternd und verklärt,
Den Strahl der Weihe soll entzünden,
Ich bin es nicht und bin kaum werth
Euch nur sein Nahen zu verkünden.
Das Amt, das mir der Herr beschied,
Wozu er Kraft verlieh der Schwachen,
Kein andres ist's als durch das Lied
Die Sehnsucht brünst'ger anzufachen.
[15]
Und wenn euch klar, was ihr vermißt,
Wenn euer Geist verstört, beklommen
Des Abgrunds Tiefe ganz ermißt,
Dann wird vielleicht der Tröster kommen!