Messiaslohn

[18] Ich kam, ein neues Reich zu gründen

In deiner Brust, die wüst und brach,

Ein Evangelium zu künden,

Das von der Liebe Himmeln sprach.


Und hast du mich an's Kreuz geschlagen

Als meiner Treue Preis und Lohn,

So laß' mein Loos mich schweigend tragen,

Und spar' mir deines Mitleids Hohn.


Sei ärger nicht als jene Rotte,

Die wirr umdrängt den Todesstamm,

Und biet' mir nicht mit frevlem Spotte

Armsel'gen Trostes Essigschwamm. –
[19]

Du hast geknickt mich und zerbrochen,

Nicht achtend meiner Schmerzen Krampf,

Du hast mein Urtheil ausgesprochen –

So ehre meinen letzten Kampf.


Und fühle, daß geweiht die Stätte,

Wo in des Lebens Nachtverließ

Ein Geist die letzte Erdenkette

Mit todestrunk'nem Muth zerriß!


Wo sehnend wieder heimwärts schwebte

Die Liebe, stumm und abgewandt,

Die hoffend nach dem Himmel strebte,

Und nur ein Grab auf Erden fand! –

Quelle:
Betty Paoli: Neue Gedichte. Pest 21856, S. 18-20.
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