|
[69] Du Ebene im goldnen Ährenschmuck,
Wo Délibáb1 mit holdem Zaubertrug
Uns neckt, wenn heiße Strahlen niederlohn,
Kennst du mich noch? Erkenne deinen Sohn!
Lang ist es her, da ich, ein junges Blut,
Im Schatten deiner Pappeln hier geruht,
Und über meinem Haupt im wilden Flug
Die Luft durchschnitt der Vögel Wanderzug.
Da in mein Vaterhaus zuletzt ich kam,
Und dann, gebrochnen Herzens, Abschied nahm,
Die gute Mutter ihre einz'ge Hab',
Ein segnend Wort, mir zum Geleite gab!
Geboren ward seitdem so manches Jahr,
Und manches starb dahin, das traurig war;
Mein Schicksalswagen führt' mich hin und her,
Die weite Welt durchzog ich kreuz und quer.
Des Lebens Schule ist die fremde Welt,
Es kostet Schweiß, daß man sich da erhält,
Der Weg ist hart und holprig auch dabei,
Er führt uns oft in öde Wüstenei.
Das kenn' ich wie's kein andrer kennt, fürwahr,
Mein Los bot mir den, Wermutbecher dar,
Ich trank ihn leer, – nur Bitternis und Pein,
Gewiß, der Tod kann auch nicht bittrer sein!
Jetzt aber, was an Leid mich überkam,
Und was mein Herz so arg erfüllt mit Gram,
Dies alles spült auf diesem Erdenfleck
Die Träne einer heil'gen Freude weg!
[69]
Hier wiegte Mutter mich, hier ist mein Heim,
Hier saugt' an ihrer Brust ich Honigseim,
Und heiter lächelt hier die Sonne schon
Du schöne Heimat, deinem treuen Sohn!
1 | Fata Morgana. |