XIX.

[73] Sagt' ich's, will ihrem Haß ich unterliegen,

Mit deren Lieb' ich Lust und Seyn verlöre!

Sagt' ich's, – mein Leben ruhmlos sich verzehre,

Mein Loos sey, niedrer Knechtschaft mich zu fügen!

Sagt' ich es, soll mich jeder Stern bekriegen,

Mir Neid am Herzen nagen,

Furcht mir zur Seite jagen,

Will ich mich nicht beklagen,

Seh' ich sie stets mit schönern, wildern Zügen!


Sagt' ich's, mag Amors Pfeil in's Herz mir fliegen,

Der goldene, – in ihr's der bleyern schwere!

Sagt' ich's, so mögen mich der Götter Chöre,

Mich Erd' und Himmel und sie selbst betrügen!

So möge sie mir zu des Todes Stiegen

Voraus die Fackel tragen,

Ernst, wie in diesen Tagen;

Und nie mit frommen Zagen

In Red' und That sich huldreich an mich schmiegen.
[73]

Sagt' ich's, soll das, was nimmer ich begehre,

Mir rings' auf kurzem, rauhen Pfade ragen!

Sagt' ich's, die wilde Gluth, die mich verschlagen,

Wie ihres Herzens starres Eis sich mehre!

Sagt' ich's, so mag das Sonnenlicht das hehre,

Der Mond sich mir verkriechen,

Der Frauen Huld versiegen,

Nur wilde Wellen fliegen

Um mich, wie einst um Pharaonis Heere!


Sagt' ich's, sey jede Klag' umsonst! ich höre

Nie mehr der Huld, des Mitleids sanfte Sprachen!

Sagt' ich's, – mag sie kein liebes Wort mehr sagen,

Wie einst es mich besiegt mit süßer Wehre!

Sagt' ich's, – dann mag, für die bereit ich wäre,

In Kerkernacht zu liegen,

Von Säuglings erstem Schmiegen

Bis zu den letzten Zügen

Anbethend, mich bedräun mit Hasses Schwere!


Doch sagt' ich's nicht, – soll, die in Blüthentagen

Mein Herz sich ließ im Arm der Hoffnung wiegen,

Fortan auch leiten diesen Kahn, den siechen,

Die Fluth mit ihrer Liebe Steuer schlagen!

Wie stets es war, sey wieder ihr Betragen,

Seit ich mich selbst entbehre,

So daß mit Fug und Ehre

Ich nimmer mehr verlöre! –

Bös thut, wer solcher Treu sich kann versagen! –


Nie hab' ich es gesagt, noch könnt' ich's sagen,

Wenn Gold und Städt' und Schloß ich sollt' ersiegen;

Es soll die Wahrheit nimmermehr erliegen,[74]

Besiegt am Boden soll die Lüge zagen! –

Du kennst mich, Amor, ganz. Auf ihr Befragen,

Thu', wie ich es begehre,

Sag' ihr, was ich dich lehre:

Daß dreymahl glücklich wäre,

Den früh der Tod entrückt der Erde Plagen.


Nicht Lea's, – Rahels Dienst will ich ertragen.

Ihr nur ich angehöre,

Und himmelwärts ich kehre,

Ist es des Himmels Fügen,

Mit ihr auf des Propheten Feuerwagen!

Quelle:
Petrarca, Francesco: Italienische Gedichte. Band 1, Wien 1827, S. 73-75.
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