Die Tobakspfeife

[100] »Gott grüß euch Alter! – schmeckt das Pfeifchen?

Weißt her! – Ein Blumentopf

Von rothem Thon, mit goldnen Reifchen? –

Was wollt ihr für den Kopf?«


O Herr, den Kopf kann ich nicht lassen!

Er kömmt vom brävsten Mann,

Der ihn, Gott weiß es, einem Bassen

Bey Belgrad abgewann.


Da, Herr, da gab es rechte Beute!

Es lebe Prinz Eugen!

Wie Grummet sah man unsre Leute

Der Türken Glieder mähn. –


»Ein andermal von euren Thaten;

Hier, Alter, seyd kein Tropf,

Nehmt diesen doppelten Dukaten

Für euren Pfeifenkopf.«
[101]

Ich bin ein armer Kerl und lebe

Von meinem Gnadensold;

Doch, Herr, den Pfeifenkopf, den gebe

Ich nicht um alles Gold.


Hört nur: Einst jagten wir Husaren

Den Feind nach Herzenslust,

Da schoß ein Hund von Janitscharen

Den Hauptmann in die Brust.


Ich heb ihn flugs auf meinen Schimmel –

Er hätt' es auch gethan –

Und trag ihn sanft aus dem Getümmel

Zu einem Edelmann.


Ich pflegte sein. Vor seinem Ende

Reicht er mir all sein Geld

Und diesen Kopf, drückt mir die Hände,

Und blieb im Tod noch Held.


Das Geld mußt du dem Wirthe schenken,

Der dreymal Plündrung litt,

So dacht ich, und zum Angedenken

Nahm ich die Pfeife mit.
[102]

Ich trug auf allen meinen Zügen

Sie wie ein Heiligthum,

Wir mochten weichen oder siegen,

Im Stiefel mit herum.


Vor Prag verlor ich auf der Streife

Das Bein durch einen Schuß,

Da griff ich erst nach meiner Pfeife,

Und dann nach meinem Fuß.


»Schön, Vater, ihr entlockt mir Zähren.

O sagt, wie hieß der Mann,

Damit auch mein Herz ihn verehren

Und ihn beneiden kann.«


Man hieß ihn nur den tapfern Walter:

Dort lag sein Gut am Rhein ...

»Das war mein Ahne, lieber Alter,

Und jenes Gut ist mein.«


»Kommt, Freund, ihr sollt bey mir nun leben!

Vergesset eure Noth:

Kommt, trinkt mit mir von Walters Reben

Und eßt von Walters Brod.«
[103]

Nun top! Ihr seyd sein wahrer Erbe!

Ich ziehe morgen ein,

Und euer Dank soll, wenn ich sterbe,

Die Türkenpfeife seyn.

Quelle:
Gottlieb Konrad Pfeffel: Poetische Versuche, Erster bis Dritter Theil, Band 2, Tübingen 1802, S. 100-104.
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