Das funffzehende Capitel.

D. Faustus erkläret sich endlich vor den Studenten, was er ihnen noch zu sagen habe.

[612] ALs nun das Nachtmahl und gleich auch der Schlafftrunck vollendet war, bezahlet D. Faustus den Wirth, und bate die Gäste, sie wolten ein Kleines mit ihme in die nächste Stuben gehen, er hätte ihnen was wichtiges zu sagen, welches er bisher meinstens hätte verborgen gehalten, das treffe nun sein Heil und seine Seligkeit an; mit solcher Vorrede ohne fernern Umschweiff, fieng er an und sprach:

Wolgelehrte, ihr meine liebe, vertraute Herren, daß ich euch heut Morgen durch meinen Famulum habe [612] ersuchen lassen, einen Spatziergang hieher zu nemen, und mit einer geringen schlechten Mittag-Mahlzeit vorlieb genommen, ihr seyd auch auf mein Anhalten bey mir bis auf die Nacht anjetzo verharret, dafür sage ich schuldigen Danck; wisset aber zugleich, daß es um keiner andern Ursachen willen geschehen, als euch (etwas weitläufftiger als neulicher Zeit) zu verkündigen, daß ich mich von meiner Jugend an, ob ich wol von GOtt mit einem guten Ingenio bin versehen und begabet, jedoch mit solcher Gabe nit zu frieden gewesen, sondern viel höher steigen und über andere hinaus kommen wollen, habe mit allem Fleiß und Ernst mich auf die Schwartzekunst geleget, in welcher ich mit der Zeit so hoch bin kommen, daß ich einen unter den allergelehrtesten Geistern, Namens Mephostophiles, erlanget: jedoch solche Vermessenheit geriethe mir bald zum Bösen, und zu einem solchen Fall, der dem Lucifer widerfahren, da er aus Hoffart aus dem Himmel verstossen worden.

Denn als der Satan mir willig in allem meinen Vorhaben war, setzte er zu letzt an mich, daß, so ich würde einen Bund mit ihm aufrichten, und mich mit meinem eigenen Blut verschreiben, daß ich nach Verfliessung vier und zwantzig Jahre, sein wolte seyn mit Leib und Seele, darzu GOtt, der H. Dreyfaltigkeit, und allem himmlischen Heer absagen, denselben nimmermehr in Nöthen und Anliegen anruffen, auch alle die[612] jenigen anfeinden, so mich von meinem Vorhaben wendig machen, und bekehren wolten, daß ich alsdenn nicht allein mit hohen trefflichen Künsten begabt seyn, sondern auch die Geister um und neben mich haben, die mich in aller Gefährlichkeit schützen und meinen Widerwärtigen zu wi[613]der seyn solten; darzu, und welches eben das meinste war, das ich in diesem Leben verlangte, solte mir an Geld, an gutem Essen und Trincken, und täglichem Wolleben nichts ermangeln, ja er wolte mich so hoch ergötzen nach all meines Hertzens Begierden, das ich das Ewige nicht für das Zeitliche nemen würde. Mit solchen übergrossen Verheissungen erfüllte er mir das Hertz, daß ich bey mir gedachte: dieses Freudenleben ist gleichwol nicht zu verwerffen, ob schon der Bund gottlos und verdamlich ist; so darff ich auch den Satan nicht länger aufhalten, denn sonst möchte ich um all meine Kunst kommen, und er möchte von mir weichen: darzu so bin ich vorhin geneigt zum müssigen Leben, Fressen und Sauffen und Spielen ist meine Lust, allein die Mittel darzu hab ich nicht, allhie könte ich alles ohne Mühe überkommen. Käme es denn einmal dahin, daß der Teuffel sein Unterpfand holen und haben wolte, müste ichs wol geschehen lassen, ich würde doch über die bestimmte Zeit nicht viel länger leben können; zudem so kan noch wol die Zeit kommen, dachte ich, daß ich mich möchte bekehren, Buß thun, und also die Barmhertzigkeit GOttes ergreiffen. Da denn ohne Zweiffel der Teuffel nicht wird gefeyret haben, sondern mich geregiret und getrieben, daß ich also den Bund mit dem Satan aufgerichtet, GOtt und der H. Dreifaltigkeit abgesaget, und mich ihm mit Leib und Seel verschrieben habe.

Es hat aber gleichwol der Teuffel, wie ichs bekennen muß, anfänglich mir eine geraume Zeit Glauben gehalten, mir alles das jenige erfüllet und geleistet, was mein Hertz begehret und verlanget hat; nachmals aber hat er zu weiln gehuncken, [614] und mich in etlichen Sachen stecken lassen, mit Vorwenden ich solte selbst durch meine Kunst viel erwerben; und da ich mich dessen beklagte, so hat er nur das Gespötte damit getrieben, bin also aus Vermessenheit und Wollust in solchen Jammer gerathen, zum ewigen Schaden[613] meiner armen Seel, daraus mir nimmermehr kan geholffen werden.

Nun aber seynd solche verschriebene Jahre auf diese Nacht aus und verlauffen; da wird denn der Teuffel sein Unterpfand holen, und mit mir gantz erschröcklich umgehen, das alles will ich doch gerne ausstehen, wenn nur die Seele erhalten würde. Diese verdamliche Puncten nun meiner Bekäntniß, wegen dieser That, hab ich bey mir nicht wollen lassen ersitzen, sondern dieweil ich weiß, daß ihr sowohl neulich ein hertzliches Mitleiden mit mir gehabt, und auch zu solchem Ende meine Seele mit GOttes Wort zu retten gesuchet habt, wiewol vergebens, als anjetzo mit mir haben werdet, habe ichs euch wollen bekennen, und diesen meinen erbärmlichen Tod andeuten.

Bitte euch hierauf, günstige liebe Herren, ihr wollet nach meinem Tod alle die jenigen, so mich geliebet und wegen meiner Kunst in Wehrt gehalten haben, freundlich grüssen, und von meinet wegen viel Gutes wünschen: Was ich auch diese vier und zwantzig Jahr über für Abentheuer getrieben, auch andere meine Geschichten, die werdet ihr in meiner Behausung aufgeschrieben finden, und soll sie euch mein Famulus nicht für enthalten.


Anmerckung.

I. Daß über solcher Bekändtniß D. Fausti, und Andeutung seines stündlich erwartenden erbärmlichen Endes, die anwesen[615]den Gäste nicht solten zum hefftigsten erschrocken seyn, ist nicht wol zu glauben, seynd demnach, nachdem D. Faustus diese seine Bekäntniß mit Seufftzen und Weinen beschlossen, und sich an das Fenster gelehnet, zusammen getretten, und freilich gewünschet, daß sie nicht an dieses Ort gekommen wären, oder jemaln D. Faustum gekennet hätten: sie wurden aber räthig, daß der vorgemeldte Magister noch einmal sein Heil an dem verzweifflenden D. Fausto versuchen solte, ob er ihn noch bekehren, und seine Seel aufs wenigst erretten möchte, er solte ihm aber recht in das Hertz hinein predigen, auf seine unterschiedliche in seiner Bekantniß enthaltene Puncten antworten, ihme das Gesetz schärffen, hernachmals wieder Trost einwenden.

Und nachdem dieser Magister sich in etwas darauf bedacht, sprach er zu dem D. Fausto: Herr Doctor, warum und aus was Ursachen[614] wir von euch hieher an diesen Ort beruffen und erfordert seynd worden, haben wir mehr denn allzuviel angehöret, und mit Erstaunen und Schrecken vernommen; derowegen will mir und uns allen obligen und gebüren, euch auf euere Bekändniß ungeheuchelt zu antworten, und noch einmal versuchen, ob wir durch solches euer verstocktes Hertz gewinnen und erweichen mögen, auf daß durch sothane Bekehrung und und hertzliche Reue, die Seele doch erhalten würde, wenn ja der Teuffel diese Nacht den Leib, als sein verschriebenes Unterpfand, holen und habe wolte.

Derohalben vernemet den ersten Punct eurer Bekantniß, welcher war, wie ihr gantz freventlicher und mutwilliger Weise immer dahin getrachtet, wie ihr vor andern höher steigen möchtet, und habt euch mit der Gabe deß guten Ingenii und Gedächtniß nicht wollen lassen begnügen. Dieser böse Vorsatz aber ist schon ein Werck und Stifftung deß Teuffels gewesen, der aller gottlosen Kinder Hertzen einnimmet: Denn einmal ists gewiß, wo die Jugend also gesinnet ist, und achtet ihrer geschwinden fähigen Köpffe nicht, daß sie dadurch ihnen gedächten etwas Nutze zu schaffen, die gerathen gemeiniglich in ein Epicurisches Leben, werden sicher, und fallen zuletzt in deß Teuffels Stricke, der sie darnach zu böser Gesellschafft führet, und endlich gar von der Tugendbahn abführet: dieses wird freilich auch bey euch zum ersten leider geschehen seyn.

Zum Andern daß ihr meldet, ihr habt euch auf die teufflische Schwartzekunst mit allem Fleiß geleget, und es sey dadurch euch alles wol und glücklich ergangen: Aber sehet, da habt ihr Thür und Thor aufgesperret, und dem [616] Teuffel Gelegenheit geben, welches ein erschröcklicher Anfang ist eures Falls, weil ihr GOttes Gaben und Segen verachtet, und dem Teuffel angehangen habt, welches denn wider GOttes ernstliches Gebot ist, und es zeitlich und ewig zu straffen gedrohet hat. Denn also spricht Er im dritten Buch Mosis im 20. Wenn eine Seel sich zu den Warsagern und Zeichendeutern wenden wird, daß sie ihnen nachhuret, so will ich mein Angesicht wider dieselbe Seel setzen, und will sie aus ihrem Volck rotten. Und beym Propheten Micha im fünfften stehet: Zur selbigen Zeit, spricht der HErr, will Ich die Zauberey bey dir ausrotten, daß kein Zeichendeuter bey dir bleiben soll. Und S. Paulus zum Galatern im fünfften spricht: Die solches thun, werden das Reich GOttes nicht erben. Was solte euch denn nun eure Zauberey groß geholffen haben? ist das ein glücklicher Fortgang, wie ihr euch dessen gerühmet habt, wenn einer dadurch Leib und Seel zugleich mit in das Verderben setzet?

Der dritte Punct euer Bekäntniß ist, daß ihr dadurch in Hoffart[615] und Ubermut gerathen seyd. Diß ist aber ein und allemal gewiß, daß der Teuffel ein hoffärtiger Geist ist, läst auch gern seine Kunst und Weißheit sehen, er will durchaus seine Kunst gezieret und geschmücket haben; dazu hat er nun euch und andere eures gleichen gebrauchet, und darmit habt ihr euch verderbt, seyd stoltz und vermessen worden, habt zu letzt weder nach GOTT noch der Welt gefragt, sondern seyd nach den Worten Salomons, Sapient. 2. roh, sicher und ruchloß einher gangen, und gesagt: Wol her nun, lasset uns wolleben, etc.

Zum Vierdten bekennet ihr, daß ihr in eurem verdamlichen Vorsatz endlich dahin kommen seyd, daß ihr euch dem Teuffel um vier und zwantzig Jahr willen, mit Leib und Seel ergeben habt, dagegen GOtt und alles himmlische Heer aufgegeben und verlaugnet. Wegen dieses Bunds nun, den ihr mit dem leidigen Teuffel eingegangen, sage ich, daß michs wundert, daß euch nach solchem schröcklichen Abfall der Erd boden noch hat tragen mögen. Ist ihm nicht also, wenn einer einen getreuen Vatter hat, der es mit seinem Sohn gut meinet, setzet ihn ein zum Erben aller seiner Güter, dieser aber hebt an, schmähet und fluchet ihm noch darzu, will ihm nicht allein in allem widerwertig seyn, sondern gehet noch über das hin, und hänget sich an lose leichtfertige Leute, Rauber und Mörder, dem Vatter zu trutz und leid, ma[617]chet mit ihnen ein Bündniß, verspricht, daß er bey ihnen bleiben wolle, Leib und Leben bey ihnen aufsetzen.

Da er nun wegen solch verübter Unthaten gefänglich wird eingezogen, da dencket er erst an den Vatter, wie treulich ers mit dem Sohn gemeinet, aber der Vatter will sich deswegen deß Sohns nicht mehr annemen, sondern läst ihn, wie ers denn wol verschuldet, sein Recht ausstehen: Also hat es auch eine Bewandniß mit euch, und dem lieben GOTT im Himmel, der hat euch Leib und Seele gegeben, allerley Güte und Wolthaten erzeiget, Er hat euch eingesetzt zum Miterben seiner himmlischen Güter, diese wolgemeinte Schätze aber, habt ihr mutwillig verachtet, in den Wind geschlagen, habt euch gesellet zu den Seelen-Mördern, zu den Teuffeln, mit ihnen Bündniß aufgerichtet, und die Wercke des Teuffels getrieben: Da wendet sich nun das Blat, ihr seyd verstrickt und gefangen vom Teuffel, und dieweil ihr GOTT den himmlischen Vatter nicht wollet für euren Vatter erkennen, so zeucht Er seine Barmhertzigkeit von euch ab, will euch wiederum nicht, sondern übergibt euch dem Teuffel, und endlich aus wolverdienter Straff ergehet der Sententz und das Urtheil über euch, welches Christus der HErr schon gefället hat, Matth. 24.

Der fünffte Punct hangt dem vierdten an, indem ihr dem Teuffel habt zusagen müssen, daß ihr in keiner Noth oder Anliegen GOTT anruffen[616] wollet, noch euch lassen bekehren und abwendig machen. In dieser Versprechung folget an sich selbst, daß wer etwas begehret, der muß dem nachgehen, bitten und ansuchen, auch in gewisser Zuversicht stehen, daß bey dem jenigen, zu dem er solche Hoffnung trägt, keine Bitte werde leer abgehen; wenn man aber kein Vertrauen zu solchem setzen kan, so ist man auch nicht so keck, einige Bitte oder Begehren bey ihm anzubringen. So ist es auch mit euch: GOTT wollet und sollet ihr nicht anruffen, (wie sollet ihr aber anruffen, da ihr ja nicht glaubet? Röm. 10.) als wird das Wort deß HERNN an euch ebenmässig wahr gemacht werden, welches Er vor Zeiten, wie im Büchlein der Richter am zehenden Capitel gelesen wird, zu den Kindern Israel gesprochen: Weil ihr mich verlassen habt, und andern Göttern gedienet, so will Ich euch nicht mehr helffen, gehet hin und [618] schreyet die Götter an, die ihr erwählet habt, lasset euch dieselben helffen zur Zeit eurer Trübsal. Dergestalt könte GOtt zu euch sagen: Weil du mich verlassen hast, und dem Teuffel gedienet, so will Ich dich auch nicht mehr hören, gehe hin und schreye deine Geister und Teuffel an, die du dir erwählet hast, jetzund in der Stund deiner Qual und Angst.

Der sechste Punct lautet, daß ihr GOTT den HErrn für keinen Nothhelffer anruffen sollet, dagegen wolle sich der Teuffel euer annemen; und wer wider euch ist, wider den wolle er auch seyn. Aber ihr sehet jetzund augenscheinlich, wie sich der Teuffel euer will annemen in dieser Noth. Daß er aber euch so lang ihr lebt, Hülff und Beystand verheissen, ist nicht ohn, er vermags und kans thun, denn er ist mächtig, so fern GOtt ihm solches zulässet.

Betreffend den siebenden Punct, da ligt am Tag, was etwan die meinste Ursach mag gewesen seyn, daß ihr euch dem Teuffel habt ergeben, nemlich, daß ihr nur Freud und Kurtzweil, gut Essen und Trincken, und tägliches Wolleben, ohne Mühe haben möchtet. Weiln nun der Teuffel gewust hat, daß ihr den Lüsten deß Fleisches immer nachhienget, dem Fressen, Sauffen, und Spielen ergeben waret, hat das der Teuffel wol versprechen können, denn er weiß was daraus folget. Dadurch aber habt ihr Verstand und Sinne verloren, und also wenig gedacht an eure Seligkeit, ihr lebtet immer im Sauß, geselltet euch zu losen Leuten, die musten Tag und Nacht mit euch obliegen dem Schlemmen und Demmen, was die gantze Nacht durch vollbracht ward, das habt ihr am Tag wieder angefangen. Und ob zwar gegenwärtige Herren, als sie mich berichtet haben, zu unterschiedlichen malen von euch wol empfangen, ja oft von euch manches Kunststücklein gesehen und gelernet, so haben sie doch dieses zu keinem andern Ende gethan, denn etwas mehrs von euch, als einem berühmten Sternseher, und Chiromantico,[617] zu erlernen; hätten sie das gewust, daß dieses alles durch den Teuffel, und dessen Hülffe zu wegen gebracht würde, sie hätten es wol unterlassen, bereuen auch ein solches anjetzo.

Im achten Punct eurer Bekändtniß gebt ihr für, wie ihr zum Müssiggang sehr genaturet gewesen. Nun ist aber der Müssiggang, wie ihr selbsten wüst, ein Hauptküssen des Teuffels, und hat solcher, wie leider am Tag ist, euch in [619] viel Seelen-schädliche und verdammliche Sünde geführtet: Es ist sich recht über euch zu verwundern, daß ihr um schnöde Wollust deß Fleisches, die doch dahin lodert wie ein Stroh-Feuer, die ewige Freud und Seligkeit habt verschertzen wollen.

Was die Aussage eurer Bekändtniß im neundten Punct belanget, da ihr bekennet, daß ihr gedacht, wenn es dahin solte einmal kommen, daß der Teuffel sein versprochen Pfand haben will, daß ihr es doch müsset geschehen lassen, weiln ihr doch ohne das müsset sterben, und würdet nicht viel Jahr drüber leben, unterdessen habt ihr doch hie auf Erden euer Paradeyß gehabt. Das ist aber wiederum ein greulicher und erschrecklicher Vorsatz, da doch das Leben edel, und ein Geschenck des Höchsten ist.

Wenn uns jemand nach Leib und Leben trachtet, wie seynd wir doch so geschwinde und vorsichtig, uns auf allerley Weise und Wege zu beschützen und zu vertheidigen, wir rüsten und stellen uns zur Gegenwehr? da ihr solcher Gestalt euch willig dem bösen Feind zum Raube gebt.

Der zehende Punct gibt zu verstehen, welch einen verteuffelten Sinn ihr damals gehabt, indem ihr gedachtet, es sey noch wol Zeit und Weile genug zu eurer Bekehrung, und zur Gnade GOTTES wiederum zu gelangen. Nun ist zwar nicht ohn, GOTT gibt Zeit und Raum Busse zu thun: Wie denn der Prophet Esaias im dreyssigsten Capitel sagt: Darum harret der HERR, daß Er euch gnädig sey, und hat sich aufgemacht, daß Er sich euer erbarme; und in der andern Petri am dritten stehet: Der HErr hat Gedult mit uns, und will nicht, daß jemand verloren werde, sondern daß sich jedermann bessere. Wir sollen aber auf die Barmhertzigkeit Gottes nicht sündigen, denn es alsdenn mit der Buß zu spät seyn möchte. Wenn ihr euch erinnern wollt, müst ihr bekennen, daß ich euch hievon allbereit ein mehrers dazumal, als mich gegenwärtige Herren haben ersuchet, mit ihnen zu euch zu gehen, euch in eurer Schwermut Trost aus GOttes Wort zu sagen, vorgesaget habe; allein was hats bey euch gefruchtet? was hat es euch genutzet? ihr kuntet keinen Trost in euer verstocktes Hertz hinein bringen, weil ihr nicht glauben kuntet, daß euch GOTT wieder zu Gnaden werde annemen: also und solcher Gestalt widerfähret nun euch, daß ihr unbußfertig[618] bis an euer End verharret, und mag S. Paulus, [620] Röm. 2. wol zu euch sagen: du aber, nach deinem verstockten unbußfertigen Hertzen, samlest dir selbst einen Schatz deß Zorns, auf den Tag deß Zorns und der Offenbarung deß gerechten Gerichts GOttes. Und in den Sprüchwörtern im eilfften stehet: Wenn der Gottlose stirbt, so ist Hoffnung verloren, und das Harren deß Ungerechten wird umkommen.

Der eilffte Punct stehet in dem, daß ihr bekennet, daß solch euer böser Vorsatz nirgend anderst herkomme, denn aus deß Teuffels Eingeben, der habe euch also geregiret und geführet. Nun ist abermal nicht ohn, daß der Teuffel ohn Unterlaß nach Schaden und Verderben der Menschen trachtet, und herum gehet wie ein brüllender Löw, und suchet welchen er verschlinge, 1. Petr. 5. Wir aber sollen uns deßwegen desto mehr vorsehen, und fleissig beten, dieweil wir, wie der Apostel redet, nicht haben zu kämpffen mit Fleisch und Blut, sondern mit Fürsten und Gewaltigen, nemlich mit Regenten der Finsterniß in dieser Welt, mit den bösen Geistern unter dem Himmel. Wir sollen, so wir ja in Sünde gefallen, nicht darinnen beharren, sondern wieder aufstehen, und nimmer sicher seyn, denn solche Sicherheit, Herr Doctor, hat nicht wenig zu eurem Fall geholffen.

In dem zwölfften Punct zeiget ihr an aus eigener Erfahrung, wie der Teuffel euch anfänglich Glauben gehalten habe, zu Zeiten aber und auf die Letzte nicht. Das hättet ihr vorher aus GOttes Wort wissen sollen, als wel ches dem Teuffel den Titul eines Lügners und Mörders gibt, der niemal in der Warheit bestanden sey, Joh. 8.

Nun ists letzlich, wie ihr sagt, an deme, daß die Stund und Zeit eures erschröcklichen Untergangs vorhanden sey; solte nun dem also seyn, so könnet ihr hieraus abnemen, was ihr euch geziehen, und also euren Leib und Seele in so augenscheinliche Gefahr, zeitliche und ewige Schmach und Schande gesetzet habt. Darum will ich euch nochmal um GOttes, und eurer Seligkeit willen, ermahnet haben, ihr wollet mit dem reuigen Schächer auch bey dieser letzten Stund eures Lebens ernstliche Busse thun, GOtt mit reuigem und zerknirschten Hertzen anruffen, und bitten um seinen H. Geist, daß Er euch an diesem eurem letzten Ende, als ihr meinet, behüten und erhalten wolle. Bedenket euch Herr Doctor, bedencket euch nochmal um eurer Seligkeit willen, die nun in höchster Gefahr stehet, und haltet euch mit wahren Glauben zu [621] JEsu Christo, der will niemand von sich stossen, der zu ihm kommt im Glauben; und GOtt will nicht, nicht den Tod deß Gottlosen, sondern daß er sich bekehre, und lebe.[619]

Quelle:
Pfitzer, Nikolaus: Das ärgerliche Leben und schreckliche Ende deß viel-berüchtigten Ertz- Schwartzkünstlers Johannis Fausti [...]. Tübingen 1880 [Nachdruck: Hildesheim, New York 1976], S. 612-620.
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