70. Speise die hungrigen

[150] Ist denn dein wildes hertz' auß hartem stahl vnd eisen/

Daß du den hungrigen/ der dich in seiner noth

Mit krancker stimm' ersucht/ nur vmb einn bissen brodt

Mit vngestümme dich nicht schämest abzuweisen.

Da doch der fromme Gott dich mildiglich zu speisen

Nit vnterlassen hat. Wer nun in hungers noth/

Den näh'sten nicht verlässt/ den wird/ nach dem der tod

Ihn hingerissen hat/ das lebens-brod selbst preisen.

Wer nu das himmel-brod/ im himmel zugeniessen

Auf erden sich befleisst/ vnd lässet sich verdriessen

Daß brodt der sterblichkeit zu brechen/ wem er sol/

Der hat gar weit gefehlt. Ihm sol der Herre speisen

Vnd geben himmelbrodt/ vnd er wil nicht beweisen

Durch irrdisch brodt/ was Gott befielet recht vnd wol.

Quelle:
Deutsche Literatur, Reihe Barock, Erg.-Bd., Leipzig 1939, S. 150.
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