[261] Du schickest, Jesu, aus nach einem raumen Saal,
Woselbst das Osterlamm und letzte Wunder-Mahl
Dir zugerichtet würde,
Wie das Gesetz gebeut,
Seit von Aegyptens Bürde
Du hast dein Volk befreit.
Ach, nimm mich mit zu Tisch, ich habe großes Recht,
Daß ich auch Ostern halt. Ich war der Höllen Knecht,
All mein Beginn und Wesen
Stand in betrübtem Stand,
Hievon bin ich genesen
Durch deine liebe Hand.
[261]
Du hast mich außgeführt, du warst des Feindes Pest,
Dies stifft mein Passah an zu einem Andenks-Fest,
Daß ich bin durchgekommen
Wo sonst nicht Steg noch Bahn,
Und du mich aufgenommen
Zu einem freyen Mann.
Nimm mich denn mit zu Tisch, woselbst das Lamm du bist,
Das her von Ewigkeit für uns geschlachtet ist
Und itzt wird auffgegeben
Bereitt durch Lieb' und Treu,
Auff daß, o unser Leben,
Es unsre Speise sey.
O nie erhörtes Mahl, bei dem der Wirth die Kost,
Sein Fleisch selbst ist das Brodt, sein Blut selbst ist der Most,
O Mahl, dem keines gleichet,
Mahl, mehr als wunderns werth,
Da man die Speise reichet,
Die nimmer wird verzehrt.
Ach, labe mich mit dir, hochheiligs Gottes-Lamm,
Es breitt dich meine Sünd' an deines Kreutzes Stamm
Am Zorn-Feur, an den Flammen,
Die uns dein Vater dreut'
Und über uns zusammen
Gleich itzund hielt bereit.
Du zogst sie all' auff dich, so ward ich ihrer frey,
Dies setzet, o mein Heyl, mich deinen Gästen bey,
Dies heist mich Ostern feyren.
Hilff, Jesu, aber mir,
Daß mich nichts mag versäuren,
Da ich gespeist mit dir.
Im Stehen wurde vor das Osterlamm verzehrt;
Lehr mich, daß dieses Hauß mir eigen nicht gehört,[262]
Laß mich im Glauben stehen,
Der Welt und Erden frey,
Daß, wenn du mich heist gehen,
Ich Reyse-fertig sey.
Legst du indessen hie auch zu dem süßen Brodt
Die bittren Salsen mit des Kreutzes und der Noth,
Woll, Herr; nur streich dein Zeichen
Mir an mit deinem Blut
Und laß den Würger weichen,
So ist mir Alles gut.
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